Nach den schwierigen Diskussionen rund um die Gebührenerhöhung beim ORF ist am Küniglberg wieder entspannte Stimmung eingekehrt. Das zeigte sich bei der Sitzung des ORF-Stiftungsrats am Mittwoch, die vergleichsweise harmonisch ablief. Der vom Programmausschuss eingebrachte Antrag auf Qualitätssicherung beim Programm (Stichwort Public Value) wurde einstimmig angenommen.

Allerdings wiesen bürgerliche Stiftungsräte darauf hin, dass der Public-Value-Test nicht zur PR-Veranstaltung des ORF werden dürfe. Sie kritisierten zudem mangelndes Kostenbewusstsein des ORF in Personal und Struktur, was sich etwa an Budgetüberschreitungen von gut 50 Millionen Euro zeige (DER STANDARD berichtete).

Die grüne Stiftungsrätin Monika Langthaler-Rosenberg zog ihren Antrag für die Schaffung eines Präsidialausschusses zurück. Diese Diskussion wurde auf die Sitzung im Juni vertagt.

"Eine sachlich orientierte Debatte", "wir reden ausführlich über viele kleine Themen, die nicht umstritten sind", so lauteten die Kommentare einiger Stiftungsräte. "Es ist angenehm, dass einmal nicht alles dem Thema Gebühren untergeordnet wird", brachte es Karl Krammer, Leiter des SP-"Freundskreises" im obersten ORF-Gremium, auf den Punkt. Generaldirektor Alexander Wrabetz zeigte sich gegenüber der APA zufrieden mit der "konstruktiven Sitzung und den guten Diskussionen". "Ich hoffe, es geht so weiter", meinte er im Hinblick auf die Public Value-Abstimmung. An diesem Punkt werde man in nächster Zeit verstärkt arbeiten, so der ORF-Chef.

Public-Value-Test

Kernpunkt des nun beschlossenen Qualitätsmonitorings ist die Ergänzung der bisher schon durchgeführten quantitativen Erhebungen um qualitative Maßstäbe. Neben den Hardfacts wie Reichweiten und Marktanteile soll es mehrmals im Jahr eine qualitative Befragung von Publikumszufriedenheit und -interesse geben (Public-Value-Test). "Der öffentliche Mehrwert wird somit erstmals festgemacht", erklärte Stiftungsrätin Brigitte Kulovits-Rupp.

Für die Beurteilung der Sendertätigkeit werden bei der neuen Qualitätskontrolle nicht nur die Quoten, sondern über das eigentliche Programm hinausgehende Aktivitäten, etwa meinungsbildende Diskussionen oder integrationsfördernde Kooperationen und anderes relevant sein, so Kulovits-Rupp. Diese Aktivitäten sollen in einem Finanzierungshandbuch abgebildet werden, in dem die Kosten den erreichten Werten gegenübergestellt werden sollen. Ein Kriterienkatalog, der Bestimmungen über den Mehrwert sowohl für den einzelnen Seher als auch für die Allgemeinheit definiert, werde noch erstellt. Drüber hinaus wird es in Zukunft als Bestandteil des allgemeinen Jahresberichts ein Public Value-Jahrbuch geben. Ein solches gab es bisher nur für die einzelnen Landesstudios, nicht aber für das Gesamtunternehmen.

Stiftungsrat zu groß

Nicht zur Abstimmung kam die im Vorfeld der Stiftungsratssitzung diskutierte Schaffung eines Präsidialausschusses. Ein solches Gremium, wie es auch der Nationalrat oder der ORF-Publikumsrat besitzen, soll beratende Funktion haben und könnte etwa an der Vorbereitung von Sitzungen im kleinen Kreis arbeiten. Über die politischen Gräben hinweg wird regelmäßig kritisiert, dass der Stiftungsrat mit 35 Mitgliedern zu groß sei. Die "Motivation" zu einem effizienteren Aufsichtsgremium wurde am Mittwoch von den meisten Räten geteilt. Man wollte jedoch "einen weiteren Ausschuss" vermeiden, wie es hieß und einigte sich auf eine Diskussion des Themas in der Juni-Sitzung. Die grüne Stiftungsrätin Langthaler-Rosenberg zog ihren Antrag formal zurück. (APA, fid)