Wien – Ernst Geigers Stimmung bessert sich minütlich. Fröhlich schaut er ins Publikum und flüstert mit seinem Verteidiger. Der Grund seines Frohsinns: Roland Frühwirth, Zeuge im Prozess um eine verratene Razzia, wird vom Schöffensenat zerlegt. Und Frühwirth war es, der die Amtshandlung gegen den Saunabetreiber Wolfgang Bogner geleitet hat, die Geiger auf die Anklagebank brachte.

Oder auch nicht. Denn ob nun der frühere Leiter der Kriminaldirektion 1 oder seine Untergebenen den "Saunaakt" geführt haben, ist eine der vielen Fragen, die Frühwirth in seiner über fünfstündigen Aussage im Wiener Landesgericht nicht klar beantworten kann. Angelegt wurde der Akt gegen Bogner jedenfalls von Frühwirth – 59 Minuten nach Mitternacht an einem Samstag im August 2005.

Anonyme Anzeige

Ob die ungewöhnliche Zeit mit einem eineinhalb Tage zuvor im Magazin News erschienen Artikel zusammenhänge, will Vorsitzende Minou Factor wissen. Dem Artikel, in dem eine Prostituierte über ihre angeblichen Erlebnisse mit dem damaligen Landespolizeikommandanten Roland Horngacher berichtete? Nein, er habe den Akt angelegt, weil wieder eine anonyme Anzeige gegen die Sauna eingegangen sei.

Eine Anzeige, die es schon im Jahr 2003 wortgleich gegeben hatte, wirft die Richterin enerviert ein. Und verbeißt sich in Frühwirth. Immer wieder will sie wissen, warum er die angeblich zahlreich vorliegenden anonymen Anzeigen gegen Bogner nicht in den Akt aufgenommen habe? Warum er im internen Computersystem den Akt so angelegt habe, dass kein anderer ihn ansehen konnte? Wann er von der Freundschaft zwischen Bogner und Geiger erfuhr?

Gute Beamtenkontakte

Überzeugende Antworten kann Frühwirth nicht geben. Warum dieselbe Anzeige ein zweites Mal verwendet worden ist, weiß er nicht. Er muss eingestehen, dass nicht jeder Hinweis auf eine Straftat protokolliert wird. Die interne Abschottung des Aktes erklärt er mit dem Verdacht, Bogner habe zu gute Kontakte zu verschiedenen Beamten.

"...und bring die Liste mit"

Trotz dieses Verdachts bricht er nicht in Betriebsamkeit aus, als im März 2006 bei Bogners überwachtem Telefon der Anruf Geigers mit den Worten "Um 11 Uhr, Schottenring und bring die Liste mit" registriert wird. Das sei schließlich Sache der aktführenden Sachbearbeiter gewesen. Aber er habe doch den Akt geführt? Nein, er habe sich nur informieren lassen. Widersprüche mit zwei anderen Zeugen bringt auch die Frage, wann die Observation Bogners (bei der das Treffen mit Geiger beobachtet wurde) angeordnet worden ist. Es sei jedenfalls Bogner und nicht Geiger observiert worden, beteuert Frühwirth.

Ermittlungen am Vorgesetzten vorbei Factor und die beisitzende Richterin Helene Gnida schwanken zwischen Empörung und Fassungslosigkeit, selbst die Schöffinnen schütteln den Kopf. "Es entsteht der ganz massive Eindruck, dass Sie an Dienstvorgesetzten vorbei Ermittlungen geführt haben", kanzelt Factor den Zeugen ab. Ernst Geiger blüht daneben auf und lächelt. (Michael Möseneder/ DER STANDARD Printausgabe 13.3.2008)