Bild nicht mehr verfügbar.

Experten bei der Arbeit. Nach dem Spruch des Linzer Oberlandesgerichts heißt es: Der Bund zahlt nur die unmittelbare Entschärfung

Foto: APA/rubra/HERMANN WAKOLBINGER
Salzburg - Wende im Rechtsstreit zwischen Stadt Salzburg und Republik um die Verantwortung für die Bergung von Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg. Nachdem im August des Vorjahres ein Salzburger Gericht befunden hatte, dass der Bund für Suche, Sondierung, Freilegung und Entschärfung der Kriegsrelikte verantwortlich sei, hat nun das Oberlandesgericht Linz gegenteilig entschieden.

Das Erstgericht hatte - kurz gefasst - argumentiert, dass konkrete Verdachtsmomente für einen Blindgänger bereits eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellten, und dafür wäre der Bund zuständig.

Bund zahlt nur die Entschärfung

Ganz anders das Oberlandesgerichtes: Mit Bezugnahme auf das Waffengesetz heißt es im Urteil, dass der Bund als Waffenbehörde nur "wahrgenommenes Kriegsmaterial unverzüglich sicherzustellen" habe. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bedeute "Wahrnehmen" das Erfassen durch Sinnesorgane. "Im Hinblick auf Fliegerbombenblindgänger ist daher grundsätzlich von einem ,Wahrnehmen' erst dann auszugehen, wenn diese Kriegsrelikte gesehen werden können, also an die Erdoberfläche gelangt sind und zumindest zum Teil frei liegen", so das Oberlandesgericht. Damit bleibt vorerst alles beim Alten: Der Bund zahlt nur die unmittelbare Entschärfung.

Zynische Wortklauberei

"Diese zynische Wortklauberei können wir nicht hinnehmen", schimpft Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SP) über den Spruch der Berufsrichter. Schließlich würden Bombenblindgänger niemals frei "wahrnehmbar" in der Gegend herumliegen, sondern müssten immer aufwändig gesucht und freigelegt werden. Der Aufwand für diese gefährliche und teure Arbeit sei nicht den Kommunen und schon gar nicht privaten Grundstückseigentümern zuzumuten, daher werde man das Höchstgericht anrufen.

Musterprozess

Der Rechtsstreit zwischen Salzburg und der Republik ist ein überaus brisanter Musterprozess. Schätzungen gehen von bis zu 15.000 Blindgängern in ganz Österreich aus. So wurden beispielsweise erst diese Woche wieder bei Bauarbeiten am Linzer Voest-Gelände zwei Gegenstände entdeckt. Vermutlich sind es Blindgänger.

Beseitigung kostet zwischen 100.000 und 200.000 Euro

Im Schnitt kostet die Beseitigung einer solchen explosiven Altlast zwischen 100.000 und 200.000 Euro. Im konkreten Prozess hat Salzburg für Sondierungen von Verdachtspunkten und Entschärfung von drei gefundenen Bomben knapp eine Million Euro eingeklagt. (Thomas Neuhold/ DER STANDARD Printausgabe 13.3.2008)