"Wenn es also eine zentrale Botschaft aus 1938 gibt, dann ist es die unbedingte Pflicht der Politik zum Miteinander. Die Katastrophe von 1938 wäre nicht passiert, hätten die demokratischen Kräfte zusammengehalten. Wäre ihnen damals das Staatswohl wichtiger gewesen als das Wohl von Parteien und ideologischen Lagern.

Die Pflicht zum Miteinander ist eine schwierige Botschaft, und sie fällt niemandem leicht. Politik ist ja auch auf Wettbewerb angelegt. Es gilt, den Bürger für das als notwendig Erkannte zu gewinnen, den Wettbewerb um die bessere Idee durchzustehen - und doch zugleich den Platz des anderen zu respektieren und bisweilen die eigenen Lösungsmodelle auch mit den Augen des anderen zu betrachten.

"Latentes Gefühl von Argwohn"

Heute wird dem Gegeneinander und nicht dem Miteinander viel mehr Beachtung geschenkt. Es geht nicht um Argumente, sondern wer den Konflikt gewinnt. Dadurch entsteht ein latentes Gefühl von Argwohn und Misstrauen. Diesen Verlust an Grundvertrauen halte ich für eine der größten Gefahren, vor denen unsere Gesellschaft stehen kann. (...) Hüten wir uns vor einer Zukunft, die dem Misstrauen, dem vorbeugenden Zweifel das Feld überlässt." (DER STANDARD, Printausgabe, 13.3.2008)