Erste Ausgrabungen 1937 brachten die Funde zutage. Heute führt zum Teil die Rollpiste darüber.

Foto: Landesmuseum Joanneum
Graz - Bodenradarmessungen der steirischen Forschungsgesellschaft Joanneum Research haben jetzt exakt bemessen und bestätigt, dass unter dem Grazer Flughafen Thalerhof die größte und luxuriöseste römische Villa des Alpenvorlandes liegt (der Standard berichtete).

Ein Drittel der 180 Meter langen Anlage befindet sich unter der Start- und Landebahn, zwei Drittel unter den Wiesenflächen. Aufgrund der nun vorliegenden neuen Daten mussten Pläne zum Ausbau des neuen Rollweges adaptiert werden. Die Villa bleibt erhalten und soll später archäologisch untersucht werden, sagte Bernhard Hebert vom Bundesdenkmalamt Steiermark am Mittwoch. Hebert: "Archäologie muss nicht immer ausgraben. Modernste Technik erlaubt einen zerstörungsfreien Blick in den Boden. Es ist für die Zukunft oft wichtiger, dass etwas erhalten bleibt, als dass es ausgegraben wird."

Erste Grabungen 1937

In den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts stießen ansässige Bauern erstmals auf die 2000 Jahre alten Reste dieses außergewöhnlichen römischen Anwesens. 1937 begannen Experten des Landesmuseums mit ersten wissenschaftlichen Grabungen.

Mit dem Bau des Flughafens gerieten die Aufzeichnungen und Ausgrabungen in Vergessenheit. Bei der Errichtung des Flughafens wurden zudem weitere wertvolle historische Dokumente, wie die 1267 erstmals urkundlich erwähnten Dörfer Thalerhof und Forst oder das nahegelegene, 1536 erbaute Renaissanceschloss zerstört.

Historiker und Archäologen waren all die Jahre davon ausgegangen, dass mit dem Bau der Roll- und Landebahnen die Römervilla endgültig zerstört wurde. Die jetzigen Bodenradarmessungen dokumentieren nun, dass der Großteil der Grundmauern doch noch vorhanden ist.

Repräsentativer Wohnsitz einer führenden Familie

"Die Villa diente einer der führenden Familien der römischen Provinz Noricum als privater, repräsentativer Wohnsitz", sagt Archäologe Ingo Mirsch. Die Villa mit ihren 70 Räumen sei Teil eines ausgedehnten Landsitzes gewesen, der womöglich das gesamte Grazer Feld umfasste. Die Villa hatte durchaus feudale Dimensionen: Bade- und Saunaanlagen, Bodenheizungen, Bankettsaal, Repräsentationsräume, aufwändige Wandmalereien und -mosaike.

Hinweise auf mögliche Massengräber unter dem Flughafenareal werden noch von einer Historikerkommission untersucht. Es gibt gesicherte Hinweise, dass rund 30.000 Ruthenen im Ersten Weltkrieg aus der Ukraine hierher verschleppt wurden. Tausende kamen zu Tode und wurden womöglich auf dem Flughafenareal begraben. (Walter Müller/DER STANDARD, Printausgabe, 13.3.2008)