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Serena Sutcliffe bei der Arbeit: dem Prüfen und Einschätzen von Weinen. Privat liebt die einflußreiche Chefin der Weinabteilung des Auktionshauses reifen Champagner. Nach einer Karriere als UN-Dolmetscherin, im Weinhandel und als Autorin stieg sie 1991 bei Sotheby's ein. Die Ausbildung zum Master of Wine schloss sie bereits 1976 als zweite Frau in der Geschichte des Instituts nach einem Durchmarsch durch alle Prüfungen ab.

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DER STANDARD: Manche Weinsammler blättern riesige Summen für Weine hin, die sie zwar besitzen, aber nie trinken wollen. Manchmal erweisen sich solche Weine auch als Fälschung. Jüngstes Beispiel: Ein US-Milliardär kaufte vier Flaschen aus dem 18. Jahrhundert, die angeblich Thomas Jefferson gehörten, aber deren Gravur „Th. J.“ möglicherweise erst viel später entstanden ist. Bringt das Fälschen von Weinen tatsächlich so viel ein?

Serena Sutcliffe: Ich fürchte, es ist sogar sehr einträglich, was auch die Motivation erklärt ...

DER STANDARD: Wie sichern Sie sich bei Sotheby's ab, dass in einer Flasche das drinnen ist, was auf dem Etikett steht?

Serena Sutcliffe: Wir prüfen einen Wein mit immenser Sorgfalt, bevor wir ihn akzeptieren. Das bedeutet physikalische Tests und Nachforschungen, ob die Herkunft rückverfolgbar ist. Zustand der Flasche und Echtheit sind die beiden wichtigsten Kriterien. Der Zustand der Flasche, beispielsweise wie er aufbewahrt wurde - idealerweise bei kühlen Temperaturen-, wird dabei bei jeder einzelnen Flasche überprüft, die von uns in Betracht gezogen wird. Echtheit und Herkunft sind vor allem bei wertvollen Raritäten wichtig, denn genau hier tauchen zweifelhafte Quellen auf. Diese Checks nehmen sehr viel Zeit in Anspruch, sind aber absolut notwendig. Und ich glaube, wir hätten in diesen Punkten auch einen Ruf zu verlieren.

DER STANDARD: Welche Möglichkeiten gibt es, um beispielsweise das Alter eines Weines festzustellen?

Serena Sutcliffe: Es gibt mehrere physikalische Analysen wie die Kohlenstoffmethode ( Anm. C-14-Methode). Aber im Normalfall geht man nicht so weit. Eine alte, seltene Flasche muss einfach eine schlüssige, nachverfolgbare Geschichte haben. Verliert sich die Spur, dann ist sie für uns nicht mehr interessant.

DER STANDARD: Gibt es noch viele Weinschätze in geheimen Kellern alter Schlösser?

Serena Sutcliffe: Es sind nur noch wenige „verborgene“ Keller übrig. Man kennt die großen Keller - große Überraschungen sind sehr selten, und die müssen dann unbedingt besonders exakt geprüft werden. Es gibt auch große Unterschiede zwischen alten, vielleicht geerbten Weinkellern, und Kollektionen, die während der letzten zwanzig Jahre entstanden sind.

DER STANDARD: Ist eine Weinauktion auch für Weinfreunde interessant, die über ein "normales" Budget verfügen?

Serena Sutcliffe:Eine Weinauktion ist sogar sehr interessant für „normale“ Menschen, die keine Millionäre sind! Übrigens sind Sammler fast immer auch Konsumenten. Und bei jeder Weinauktion, egal ob in London oder New York, gibt es eine große Auswahl von Weinen zu vernünftigen Preisen. Weinauktionen sind ein beliebtes „Jagdgebiet“. Die öffentliche Aufmerksamkeit konzentriert sich natürlich auf die Raritäten einer Versteigerung. Aber ein guter Teil des Angebots besteht aus Weinen, die sich jeder Interessent leisten kann.

DER STANDARD: Gibt es angesichts der Preise für 2005er-Bordeaux eine Obergrenze für die Preissteigerungen der besten Gewächse?

Serena Sutcliffe: In der Top-Klasse waren die 2005er natürlich sehr teuer, aber es gab eine Reihe von hervorragenden Bordeaux, die überhaupt nicht teuer waren. Unter den Top 50 gibt es selbst in einem großen Jahr wie 2005, ausgezeichnete Weine für wenig Geld. Wenn man einige der Chateaux an der Spitze der Pyramide gekauft hat, wird man möglicherweise etwas warten müssen, um damit Geld zu verdienen. Wir werden auch sehen, zu welchen Preisen, die qualitätsmäßig viel uneinheitlicheren 2007-er auf den Markt kommen werden. Und nehme einmal an, dass es wie üblich einen riesigen Sprung zwischen der Spitze und dem Rest geben wird.

DER STANDARD: Beeinflussen Käufer aus Russland und Asien den Weinpreis tatsächlich so stark wie einige behaupten?

Serena Sutcliffe: Amerikanische Käufer können den Preis der En-primeur-Verkäufe (Anm. Verkäufe bevor die Weine gefüllt sind) beeinflussen, wenn es ein großes Jahr ist und der Dollar stark ist. Asiaten kaufen auch en primeur, sofern es bekannte Namen sind. Russen, Asiaten, Nord- und Südamerikaner kaufen auf den Sekundärmärkten, z.B. bei Auktionen, wenn die Weine gefüllt sind. Und sie schätzen es auch, wenn sie Weine bekommen, die trinkreif sind - wie zum Beispiel die 1989 und 1990er.

DER STANDARD: Welche sind die interessantesten Weinländer derzeit?

Serena Sutcliffe: Frankreich ist ein wichtiger und großer Teil meines Lebens. Französische Weine dominieren die Weinauktionen und ich trinke auch privat einiges davon. Ich liebe die Vielfalt Italiens und bin überzeugt, dass Spanien schwer im Kommen ist. Ganz persönlich liebe ich Rieslinge aus Deutschland, die aber in Auktionen nur eine sehr kleine Rolle spielen. Aber ich bin offen für vieles - Pinot Noir von Schubert aus Neuseeland ist köstlich, „Montebello“ von Ridge in Kalifornien ebenfalls. Ich bin auch überzeugt, dass „Grange“ von Penfolds einer der größten Weine der Welt ist. Und ich liebe österreichische Weine, wenn es auch nur die besten Süßweine in die Auktionen schaffen, und das nur selten. Aber vom Genussstandpunkt aus, geben sowohl österreichische Weißweine wie Rote sehr viel her. Wir hatten kürzlich eine Magnum des „Jois 2005“ von Markus Altenburger und Erich Scheiblhofer, und die war großartig.

DER STANDARD: Und welches Land hat den größten Einfluss?

Serena Sutcliffe: Frankreich ist wohl das einflussreichste Weinland der Welt - alles verbreitet sich von dort aus, außer vielleicht, wenn Länder starke heimische Rebsorten haben, sodass Frankreich weniger relevant ist. Über lange Zeiträume gibt es nichts, dass der Erfolgsgeschichte Frankreichs gleichkommt. Daher ist es also die Messlatte, mit der man sich vergleichen muss. Aber aufregend am Weinmachen derzeit ist, dass es so international geworden ist. Junge Leute reisen in andere Gebiet und lernen andere Terroirs kennen und hören von anderen philosophischen Zugängen. Und das fasziniert mich am Wein-Business. (Luzia Schrampf/Der Standard/rondo/14/03/2008)