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Das Grabtuch des Habsburger Herzogs Rudolf IV. soll ab Ende März von Wiener Wissenschaftern genauer unter die Lupe genommen werden.

Foto: APA/DOMMUSEUM WIEN
Wien - Der Habsburger Herzog Rudolf IV., auch genannt "Der Stifter", starb 1365 26-jährig in Mailand. Ein Wiener Forscherteam will nun jenes Stück Stoff genauer unter die Lupen nehmen, in dem der Herrscher begraben wurde. Dieses "Wiener Grabtuch", wie es in Anlehnung an das mysteriöse "Turiner Grabtuch" auch genannt wird, dürfte noch einige historische Geheimnisse bergen.

Im Unterschied zu seinem Turiner Pendant verfügt es allerdings über eine besser verankerte Geschichte, von der man bislang noch wenig weiß. Zumindest ist bekannt, dass es aus dem monglischen Herrschaftsbereich stammen dürfte. Wie genau der Stoff in den Besitz des Hofes von Rudolf IV. gelangte, ist laut den Forschern dagegen ungeklärt. Die mongolischen Herrscher im Iran unterhielten Beziehungen und Handelskontakte mit den Städten Italiens, wo Rudolf starb.

Als Reliquie missgedeutet?

"Der Stoff mag wegen der arabischen Schrift als Reliquie aus dem Heiligen Land gegolten haben, möglicherweise wusste man aber auch um die ursprüngliche herrscherliche Bedeutung", erklärt der Islamkunsthistoriker Markus Ritter vom ÖAW-Institut für Iranistik, der das Projekt "Goldstoffe aus Iran in Wiener Museen: Das Grabtuch Herzog Rudolfs IV. und verwandte Stoffe islamischer Kunst der Mongolenzeit (13./14. Jhdt.)" leiten wird.

"Ziel des Projekts ist es, die kunsthistorische Einordnung des Stoffes durch neue Motivvergleiche und textiltechnische Analysen zu erweitern", so Ritter. Diese textiltechnischen Analysen führt Regina Knaller an der Universität für Angewandte Kunst durch. Die Forscher wollen den Mustertyp und die Form der Inschriften untersuchen. Rekonstruktionen der stark verblichenen Farben und des Schnittes sollen eine neue Vorstellung vom Stoff vermitteln.

Der aufwendig mit Goldfäden gewobene Seidenstoff zeigt große arabische Inschriften auf einem dicht gemusterten Hintergrund und reicht in den historischen und kunsthistorischen Bezügen in den Vorderen Orient, nach Iran und China.

Das Weben von Seide mit Goldfäden gilt als eine frühe Erfindung Chinas. Derartige Goldstoffe waren im 13. und 14. Jahrhundert in ganz Asien ein Luxusprodukt und fanden als herrscherliche Ehrengewänder Verwendung. Stücke, die nach Europa gelangten, beeinflussten die Entwicklung der Produktion von Goldstoffen in Italien. "Der Venezianer Marco Polo berichtet, am mongolischen Hof in China seien jährlich 15.000 Goldstoffe an hohe Staatsbedienstete und Offiziere vergeben worden", erklärt Ritter.

Weltweit nur wenige Dutzend

Weltweit sind aus dieser Zeit nur wenige Dutzend erhaltene, meist fragmentarische Stücke bekannt. Der Wiener Stoff ist durch die historischen Inschriften einzigartig. Sie lassen sich laut Ritter auf den muslimischen Mongolenherrscher Abu Said beziehen, der von 1316 bis 1335 mit Sitz in der Stadt Täbris im heutigen Iran regierte. Der Stoff sei zwischen 1319 und 1335 hergestellt worden. Ob er aber aus dem Westiran oder aus anderen Regionen der Mongolenherrschaft Irans stamme, sei noch ungeklärt.

Das Gebiet des modernen Iran war damals Teil des Mongolenreiches, das von China bis nach Osteuropa reichte. Eine technische Besonderheit des Wiener Stoffes ist die Art der Goldfäden, für die vergoldete Silberstreifen verwendet wurden anstatt mit Blattgold belegte Streifen aus Tierhaut oder Papier, wie sie in Zentralasien und China üblich waren. (APA/red)