Die „EU-Fahne hochhalten“ will das Bundesheer bei seinem Einsatz im Rahmen der Eufor-Mission im Tschad.

Foto: Bundesheer
Die meisten Bundesheersoldaten der Tschad-Mission sind am Einsatzort im Osten eingetroffen. Die Führung gibt sich optimistisch. Bei einer Rebellenoffensive könnte die Eufor jedoch schnell zwischen die Fronten geraten.

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Der Speiseraum vom „Camp Europa“ in Tschads Hauptstadt N’Djamena, in der ein paar österreichische Soldaten ein spätes Frühstück aus Thunfisch und Dosenbrot einnehmen, ist mit einem Tarnnetz überspannt. Nicht als Schutz vor möglichen Luftangriffen, sondern damit man der mit mehr als 40 Grad brennenden Sonne überhaupt irgendwohin entkommen kann. Heiß bläst der Wind in das kleine, staubige Areal, in das gerade einmal sechs Tische passen.

„Hier wird ja bald kaum noch jemand sein“, erklärt Major Manfred Prantl. Die meisten der mehr als 140 Bundesheersoldaten sind in diesen Tagen nach Abéché verlegt worden, der neuen Basis im Osten Tschads. 115 von ihnen sind am Donnerstagvormittag an ihrem eigentlichen Einsatzort eingetroffen. In N’Djamena verbleiben nur ein paar Kräfte, die sich um den Nachschub kümmern, der mit einer Herkules-Maschine von Österreich aus eingeflogen wird.

In Abéché wolle man so schnell wie möglich das Camp einrichten und dann im Osten aufklären und Informationen beschaffen, gibt der Kommandant der österreichischen Einheit, Oberst Heinz Assmann, die Parole aus. Der Einsatz der europäischen Eingreiftruppe hat sich durch die versuchte Rebellion im Februar schon genug verzögert. Das Bundesheer hat die Aufgabe, den Einsatz vor allem französischer Sicherheitskräfte vorzubereiten. „Wir erkunden das Wegenetz und die Flughäfen, aber wir nehmen auch mit den Bürgermeistern und Sultanen Kontakt auf, um die EU-Fahne hochzuhalten.“

In der Bevölkerung hat Assmann bisher überwiegend positive Reaktionen auf die Mission ausgemacht. „Die Leute wissen, dass die Eufor kommt, und wissen, dass nicht nur Franzosen dabei sind.“ Das ist wichtig, denn die meisten Tschader halten die Franzosen für wenig mehr als den verlängerten Arm der Regierung von Präsident Idriss Déby.

„Unparteilichkeit, das ist doch alles nur Gewäsch“, ärgert sich Mohammed, ein Taxifahrer in N’Djamena. „Wenn die Franzosen wirklich unparteiisch geblieben wären, dann hätten wir jetzt längst einen neuen Präsidenten.“ Dass die Rebellen für den dringend nötigen Wandel in einem der ärmsten Länder der Welt sorgen würden, glaubt Mohammed freilich auch nicht: „Die wollen doch auch nur ran an die Öl-Milliarden.“

Abwärtsstrudel

Gegen ihren Willen droht die Eufor-Mission, deren Mandat einen Eingriff in den internen Konflikt im Tschad gar nicht erlaubt, von dem Abwärtsstrudel erfasst zu werden, in dem der seit der Rebellion stark geschwächte Präsident steckt. Wenn Eufor-Sprecher Patrick Poulain versichert, die Straße zur Verlegung nach Abéché sei frei und die Lage „sehr ruhig“, dann klingt das ein bisschen nach „jetzt oder nie“.

Niemand weiß, wo genau die Rebellen stecken. Eine neue Allianz haben sie schon gegründet, um interne Streitigkeiten um die Macht wie beim letzten Mal zu vermeiden. Déby hingegen, der nach den letzten Kämpfen zugab, die Unterstützung seines halben Kabinetts und noch größerer Teile der Armee verloren zu haben, steht mit dem Rücken zur Wand. In der Hauptstadt glaubt niemand, dass die Rebellen sich diese Chance entgehen lassen werden. Am Donnerstag sprach die Regierung des Tschad dann von einer neuen Offensive schwerbewaffneter Rebellen (siehe Artikel links oben).

Dann könnten sich die Eufor-Soldaten schnell zwischen allen Fronten wieder finden. Assmann gibt sich optimistisch: „Dem Bauern auf dem Land ist die Regierung, die irgendwo in N’Djamena sitzt, eh egal. Der will einfach nur seine Ruhe haben.“

Der Sprecher des Verteidigungsministers Major Wolfgang Schneider beruhigt nach Gerüchten über eine bevorstehende erneute Rebellenoffensive: "Wir beurteilen ständig die Lage: zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist alles ruhig." Es gäbe ständigen Kontakt mit den Soldaten vor Ort und auch mit den Partnern der EUFOR-Mission. (Marc Engelhardt aus N’Djamena/DER STANDARD/red, Printausgabe, 14.3.2008)