Holzbach sagte zum Haberer: "Es wäre doch eine gute Idee, einen Russen zu holen." Der Sportchef wurde blass und ging ans Werk. Wohlwissend, dass sich der eiserne Vorhang nicht wirklich durchdringen ließ. Aber die Mühlen mahlten dann doch. Das Sportministerium der Sowjetunion befasste sich mit der Causa, einen Superstar wollte man dem kapitalistischen Westen nicht schenken. Von wegen Vorbildwirkung. Sie bestimmten Anatoli Sintschenko aus dem damaligen Leningrad, er war 31 Jahre alt.
Schönes Obst
Man ließ ihn ziehen, obwohl Sintschenko eigentlich gar nicht wusste, warum überhaupt und warum ausgerechnet er. Freilich wurde er nicht als Fußballer geschickt, man gab ihm die Berufsbezeichnung "Techniker". Die Gage übernahm die russische Handelsdelegation. Franz Binder, damals Sekretär von Rapid, erinnert sich: "Wir mussten ihm nur die Wohnung zur Verfügung stellen. Ein lieber und bescheidener Kerl, er sah aus wie ein Schwede. Zum Training ist er zu Fuß gegangen. Es war historisch, erstmals wechselte ein Fußballer aus der Sowjetunion ins Ausland."
Sintschenko durfte von seiner Frau besucht werden, das Kind musste in der UdSSR bleiben. Binder: "Sie war völlig fertig, als sie das Obst im Supermarkt gesehen hat." Er entwickelte sich zu einer Stütze im Mittelfeld, Rapid wurde Meister. Das lag natürlich auch an Spielern wie Hans Krankl, Antonin Panenka oder Josef Hickersberger. Nach zwei Jahren kehrte Sintschenko heim. Binder. "Wir zahlten ihm freiwillig Prämien. Er kaufte sich in Wien noch ein Auto. Einen Wolga, da hatte er Chancen auf Ersatzteile."