Paris/Wien - Der zweite Durchgang der französischen Kommunalwahlen in Frankreich hat sich zu einem bisher noch nie dagewesenen Duell innerhalb der Linken entwickelt. In vier Städten der historischen Wählerhochburg der Kommunisten (PCF), dem Departement Seine-Saint-Denis bei Paris, haben die Sozialisten (PS) trotz eines gegensätzlichen Paktes diesmal ihre Kandidaten für die Stichwahl beibehalten.

Überdies wird der PS-Kandidat und Ex-Stadtminister Claude Bartolone aller Voraussicht nach bei der gleichzeitig abgehaltenen Kantonalwahl den Vorsitz des Generalrats in dem Departement erobern, der sich seit 1965 in den Händen der Kommunisten befindet. Dazu kommt noch die Entscheidung der ehemaligen Grünen-Umweltministerin, Senatorin Dominique Voyent, für die Stichwahl in Montreuil (Seine-Saint-Denis) gegen den kommunistischen Kandidaten im Rennen zu bleiben.

Buffet: "Schlechte Verlierer"

Bei den Kommunisten stößt das Verhalten der Sozialisten bei der Wahl um das Bürgermeisteramt in Saint-Denis, La Courneuve, Bagnolet und Aubervilliers auf Unverständnis. Kommunistenchefin Marie-George Buffet kritisierte die Sozialisten als "schlechte Verlierer", weil sie ihre Kandidaten beibehalten, obwohl sie in den Städten an zweiter Stelle hinter den KP-Kandidaten landeten. "Wir hatten einen republikanischen Pakt geschlossen, wonach sich der unterlegene Linkskandidat zugunsten des führenden zurückziehen sollte", betonte die ehemalige Präsidentschaftskandidatin.

Der Sozialist George Salit, der in Saint-Denis 22,6 Prozent der Stimmen erhielt, wies die Schuld für das Duell dem amtierenden kommunistischen Bürgermeister Didier Paillard zu. Paillard, der im ersten Durchgang 42 Prozent der Stimmen erhalten hatte, habe sich geweigert, eine Allianz für die Stichwahl zu schließen, sagte der Sozialist und fügte hinzu: "Angesichts dieses Sektarismus haben wir beschlossen, eine breite progressistische und grüne Koalition für den zweiten Durchgang zu bilden."

Grüner vs linker Einheitsliste

Gespannt ist die Lage auch in Montreuil, wo Dominique Voynet von den Grünen, die 32,5 Prozent der Stimmen erhielt, gegen den Kandidaten der linken Einheitsliste Jean-Pierre Brard (39,4 Prozent) im zweiten Durchgang antreten will. Sie wird in ihrem Unterfangen von einigen dissidenten Sozialisten unterstützt. Zumal weder die konservative UMP noch die zentrumsbürgerliche MoDem die Wahlhürde von zehn Prozent schaffte und somit beide nicht an der Stichwahl teilnehmen, hängt der Wahlsieg in Montreuil weitgehend vom Verhalten der konservativen Wähler sowie von jenen 45,5 Prozent der Bürger ab, die sich bei der Wahl vergangenen Sonntag ihrer Stimme enthalten hatten.

"Es gehört zur republikanischen Tradition, sich hinter dem führenden Kandidaten zu vereinen", sagte Brard, der seit 1983 ohne Unterbrechung Bürgermeister von Montreuil ist. Worauf Voynet erwiderte: "Er will, dass die Bürger zwischen Brard und Brard die Wahl haben, ich will, dass sie eine Wahl innerhalb der Linken haben." Weit entfernt scheinen somit die Zeiten der "pluralistischen Linken" unter dem PS-Premier Lionel Jospin (1997-2002), der sowohl Voynet als Umweltministerin als auch Marie-George Buffet als Jugend- und Sportministerin angehörten.

Trotzkisten im Vormarsch: Zweistellige Ergebnisse

Neu an den Kommunalwahlen im linken Lager ist auch die Tatsache, dass die Trotzkistische "Kommunistische Revolutionäre Liga" (LCR) von Olivier Besancenot es erstmals auf zweistellige Wahlergebnisse brachte und sich die LCR somit für den zweiten Durchgang halten konnten.

"Das sind ausgezeichnete Ergebnisse, die beweisen, dass unsere Strategie des Alleingangs gegenüber der institutionellen Linken richtig war", sagte Besancenot, der bei den letzten Präsidentenwahlen 4,1 Prozent der Stimmen erhalten hatte. So erhielt die LCR im südfranzösischen Sorgues (Vaucluse) 15,2 Prozent der Stimmen, 14,8 Prozent in Sotteville bei Rouen, 13,8 Prozent in Clermont-Ferrand, 10,8 Prozent in Foix (Ariege) und 10 Prozent im ostfranzösischen Bar-le-Duc (Meuse). Nach eigenen Angaben werden bei der Stichwahl sechs von der LCR unterstützte Listen ins Rennen gehen. (APA)