Richterin Minou Factor hatte in der Begründung für den Freispruch festgestellt, in der Amtshandlung in der Sauna-Affäre, die sich ursprünglich gegen den Geiger-Freund Wolfgang B. richtete, hätten Methoden Platz gegriffen, "die eines Rechtsstaats unwürdig sind". So ergab das Beweisverfahren Hinweise, dass die anonyme Anzeige, mit der die Sache ins Rollen gekommen war, möglicherweise von einem Polizeibeamten verfasst wurde und auf einer alten Anzeige beruhte, die gar nicht auf Wolfgang B., sondern den vorherigen Betreiber der "Goldentime"-Sauna gemünzt war.
Weiters wurden Verdachtsmomente aufgezeigt, wonach die richterliche Genehmigung für die Telefonüberwachung bei B. von der ermittelnden Kriminaldirektion 1 mit einer übertrieben dargestellten Verdachtslage "erschlichen" wurde. Gerade die Telefonate, die Geiger mit seinem Freund führte, hatten den Hofrat ja seinen Job gekostet und ihm ein Amtsmissbrauch-Verfahren eingebracht.
Kein Kommentar
Weder die OStA noch die Staatsanwaltschaft Wien wollten am Freitag diese Indizien kommentieren. Man werde die Vorgänge "auf jeden Fall eingehend beleuchten" und - sollte strafrechtlich relevantes Fehlverhalten zutage treten, dieses "verfolgen", bemerkte OStA- Sprecherin Nittel.
Das dürfte bedeuten, dass jedenfalls die Rolle des mittlerweile außer Dienst gestellten und wegen mehrfachen Amtsmissbrauchs in erster Instanz abgeurteilten Wiener Landespolizeikommandanten und erwiesenen Geiger-Rivalen Roland Horngacher untersucht wird. Eng dürfte es auch für den inzwischen versetzten KD 1-Oberst Frühwirth werden.
Dritten Rechtsgang prüfen
Auf die Frage, weshalb der Freispruch für Hofrat Ernst Geiger nicht akzeptiert wird, meinte die Sprecherin der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien, Marie-Luise Nittel: "Allein aus der mündlichen Urteilsbegründung lässt sich nicht beurteilen, ob die Entscheidung in sachlicher und rechtlicher Hinsicht für uns vertretbar ist." Mit dem angemeldeten Rechtsmittel wolle man "den Obersten Gerichtshof prüfen lassen, ob ein allfälliger dritter Rechtsgang erforderlich ist". Ein solcher erscheine aus heutiger Sicht "möglich", so Nittel am Freitag.