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Gerhard Zeiler, Boss von Europas größter TV-Gruppe RTL, kommt nicht allein zu Medientagen nach Wien. Er hat hier wieder einen Wohnsitz. Über Jobs hier wird debattiert.

Foto: APA/Fohringer
Wenn die SPÖ über Vorsitzenden und den Kanzlerjob debattiert, fällt rasch sein Name. Zugleich taucht RTL-Boss Gerhard Zeiler in ÖVP-Kreisen als ORF-General auf. Für ihn ist Österreich aber gerade auch bei RTL ein Thema. Eine Anaylse von Harald Fidler.

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Kanzler für die SPÖ, ORF-General für die ÖVP: originelle, vorerst theoretische Optionen für den 52-jährigen Spitzenmanager aus Wien-Ottakring, der mit der RTL Group Europas größte Fensehholding führt.

Bevor Gerhard Zeiler 1986 als ORF-Generalsekretär ins Fernsehgeschäft ging, war er Sprecher roter Minister und Kanzler. 1990 übernahm der Bürgerliche Gerd Bacher erneut den ORF, Zeiler ging nach München, um die Privatsender Tele 5 und RTL 2 zu führen. 1994 wurde er ORF-Chef von roten Gnaden.

1998 holte ihn – vor Ablauf seiner vier Generalsjahre – Bertelsmann als Boss von RTL nach Köln. Seit 2003 führt er die gesamte RTL Group mit dutzenden Fernseh- und Radiosendern zwischen London und Moskau.

Gespanntes Verhältnis zu Bertelsmann

Zeilers Verhältnis zu Bertelsmann gilt als gespannt: 2007 wollte er die türkische TV-Gruppe ATV-Sabah kaufen, die Eigentümer legten sich quer. Forsch begrüßte Zeiler, selbst eine Zeit als Konzernboss gehandelt, im Dezember den neuen Vorstandschef seines Mutterkonzerns vor hunderten Führungskräften Bertelsmanns: Die Bertelsmänner könnten RTL ohne Neuinvestitionen nicht unendlich melken, rief Zeiler dem neuen Konzernchef Hartmut Ostrowski in einer Rede entgegen. Mehr Unabhängigkeit forderte Zeiler vor den versammelten Managern. Den Bertelsmännern lieferte er im Geschäftsjahr 2007 dennoch ein neuerliches Rekordergebnis.

Im internationalen Fernsehgeschäft gibt es für Zeiler kaum noch Aufstiegsmöglichkeiten. Bundeskanzler würde ihn natürlich reizen, sagen Menschen, die ihn kennen.

Strategisch passen STANDARD-Infos über schwarze Überlegungen für Zeiler als ORF-General auch zur Kanzlerfrage: Ein Mann mit Zeilers internationaler Reputation aus der Wirtschaft wäre ein schwierigerer politischer Gegner für die Volkspartei.

Die ÖVP greift den amtierenden ORF-Chef Alexander Wrabetz (SPÖ) an, wo sie kann. Ihn just mit einem Sozialdemokraten (und Fernsehkapazunder) zu hinterfragen, hat für sie Charme. In den Neunzigern bekämpfte die VP Zeilers – kommerziell äußerst erfolgreichen – ORF-Kurs noch aufs Schärfste.

RTL denkt an Österreich

Wrabetz’ gefloppte Programmreform besorgt den ORFler in Zeiler und spricht für eine Rückkehr. Aber die Lage der Anstalt lässt den RTL-Mann nach Standard-Infos nun auch erneut TV-Aktivitäten des Privatsenders in Österreich prüfen. Bisher blieb man bei Werbefenstern und kleinen Programmfenstern.

Dass Zeiler mit dem ORF liebäugelt, "ist psychologisch schon so", sagen Vertraute, "aber ob er's wirklich macht?" Zeiler ließ dem STANDARD zu beiden Jobs ausrichten: "Kein Kommentar." Sein Vertrag läuft bis 2011. Ein Generalswahljahr im ORF. (Harald Fidler, DERS STANDARD; Printausgabe, 15./16.3.2008)