Die Verträge wurden nie unterschrieben.

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Wien – Walter Flöttl wollte die Bawag 1993 zum Teil an eine US-Gruppe, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit also an seinen Sohn, Wolfgang, verkaufen lassen. Das erschließt sich aus einer Aktennotiz vom 29. Dezember 1992, die sich im Herbst 1993 in fix-fertigen Verträgen materialisierte; die wurden aber offenbar nie unterschrieben.

Hintergrund: Flöttl wollte die Wünsche der Aktionäre nach mehr Dividende abwehren, hatte "panische Angst vor einer Übernahme. Er betrachtete die Bank ja wie sein Eigentum, die Bawag war seine elektrische Eisenbahn", erklärt ein Ex-Bawag-Manager plastisch.

"Große" und "kleine" familiäre Lösung

So gesehen lagen seine Vorschläge für eine familiäre "große" und "kleine" Lösung nahe. Die "große" ging laut Aktennotiz und Vertragstext, den Flöttl senior am 7. Oktober 1993 an "Donna" (Donna Reilly war die Sekretärin Wolfgang Flöttls) faxte, ungefähr so: Die US-Gruppe "übernimmt zunächst in Optionsform" fünf Prozent Bawag-Aktien vom ÖGB und zehn Prozent vom Konsum, dem ÖGB (der ja chronisch an Geldmangel litt; Anm.) würden noch im Jänner 495 Mio. Schilling zufließen. Die Option sollte vier Jahre laufen, danach hätten die Amerikaner das Recht, die Option zu 70 Prozent zurückzugeben oder auszuüben. In dem Fall sollte der Optionsgeber (ÖGB und Konsum) 95 Prozent der Dividende an die Amerikaner zahlen.

Insgesamt, rechnete man vor, flössen dem ÖGB so 550 Mio. Schilling zu – die er damals gut brauchen konnte: "Damit kann er seine Überziehung auf dem Girokonto von 400 Mio. Schilling abdecken, und es bleiben ihm 150 Mio. Guthaben."

Das allerdings nur, wenn der ÖGB auch noch seinen letzten Anteil an der Notenbank (OeNB) verkaufen würde. Schon zuvor hatte ihm die Bawag zehn Mio. Schilling Nominale um 477 Mio. Schilling abgenommen; der ÖGB hielt diese OeNB-Anteile treuhänderisch. 1993 war die Bawag bereit, für ein OeNB-Nominale von 2,5 Mio. Schilling 130 Mio. springen zu lassen. "Ohne diese Variante hat der ÖGB nicht nur kein Guthaben, sondern muss zusätzlich 13 Mio. einsetzen", hieß es.

Die "kleine Lösung" sah laut Fax von Vater-Flöttl nur die Veräußerung von Bawag-Anteilen (4,28 Prozent) des ÖGB vor, und zwar fast zur Gänze "an eine Holdinggesellschaft", wodurch dem ÖGB "sofort" 550 Mio. Schilling zuflössen. In dem Fall wäre Flöttl zu seiner lange ersehnten Kapitalerhöhung (die letzte hatte es 1986 gegeben) gekommen, denn der Plan ging so weiter: "Die Bawag erhöht ihr Grundkapital um 250 Mio., der ÖGB zieht nicht mit, bekommt für den Verzicht aufs Bezugsrecht weitere 135 Mio. von der Holding, das "macht in Summe 685 Mio. Schilling für den ÖGB".

Planspiele

Verwirklicht wurde das alles nicht – und: Die Planspiele der beiden Flöttls sind offenbar nicht einmal hochrangigen damaligen Bawag-Managern und ÖGB-Funktionären in Erinnerung, wie Recherchen des STANDARD ergeben.

Dessen ungeachtet bergen diese Aktennotizen und Vertragsentwürfe aus Flöttls unterirdischem Privatarchiv durchaus Handfestes: Aufgelistet ist nämlich auch die damalige Aktionärsstruktur der Bank. Was kaum jemand weiß: Neben ÖGB (67,67 Prozent) und Konsum (30,66) war auch die Bank Austria an der Bawag beteiligt, mit süßen 1,67 Prozent. Sie hat ihre Anteile geerbt, und zwar von der Länderbank, die 1991 mit der Z zur Bank Austria verschmolzen wurde. Das Paketchen landete 1996 in München. Damals kaufte sich die BayernLB mit 46,67 Prozent in die Bawag ein. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15./16.3.2008)