Unter den etlichen trostlosen Innenministern (rot und schwarz), die dieses Land in den vergangenen Jahren hatte, dürfte Günther Platter der trostloseste sein. Dies wurde wieder einmal deutlich im Kommentar des Ministers zu der Verurteilung zweier österreichischer Islamisten wegen "terroristischer Vereinigung": Dies sei eine "klare Warnung an alle, die Ähnliches vorhaben: Wir haben den Willen und die Fähigkeit, euch zu schnappen und vor Gericht zu stellen." Die Botschaft des Urteils sei "klar: Wir haben den festen Willen, alle terroristischen Aktivitäten bereits im Keim zu ersticken", sagte Platter.

"Wir schnappen euch !" - So redet vielleicht Police Chief Wiggum bei den "Simpsons", aber nicht der Minister eines mitteleuropäischen Staates im Jahre 2008. Die Angeklagten - ein Paar ägyptisch-österreichischer Abstammung - wurden für schuldig erkannt, ein Drohvideo und Videos von islamistischen Gräueltaten (Halsabschneiden von Geiseln) ins Netz gestellt zu haben. Das Motiv war - zumindest beim Hauptangeklagten - wohl nicht Information, sondern eine mit Geltungsbedürfnis vermischte Sucht nach Propagierung von und Anstiftung zu Straftaten.

Die Hoffnung Platters, durch die harten Urteile (vier Jahre bzw. 22 Monate unbedingt) würden ähnliche Täter abgeschreckt, ist ihrerseits erschreckend in ihrer Simplizität und Unkenntnis einschlägiger Mentalitäten.

Praktisch täglich sprengt sich irgendwo auf der Welt ein islamistischer Selbstmordattentäter in die Luft. Diese Leute werden zweifellos schaudernd vom Urteil eines österreichischen Gerichts erfahren und fortan von ihren Taten ablassen. Aber auch bloß halbradikalisierte Jugendliche, auch in Österreich, die von irgendwelchen "Aktionen", und sei es im Internet, träumen, werden sich durch dieses Urteil nicht abschrecken lassen, weil das Opfer, das "Märtyrertum", das "Aufsehenerregende", der einsame Kampf der "wahren Gläubigen" gegen ein als feindselig empfundenes westlich-demokratisches System ja die wirkliche Attraktion für irregeleitete Jugendliche aus diesem Milieu ist.

Damit wir uns richtig verstehen: Vor Gericht wurde nachgewiesen, dass der Hauptangeklagte Mohamed Mahmoud der Autor des Drohvideos an die Bundesregierung ist. Das verlangte eine Verurteilung. Aber die Umstände des Prozesses und der ahnungslose Triumphalismus des Innenministers im Nachhinein sind mehr als trostlos. Dass die Nebenangeklagte, die Lebensgefährtin (Ehefrau nach islamischem Recht) des Hauptangeklagten, vom vorsitzenden Richter wegen Verschleierung vom Prozess ausgeschlossen wurde, war ein Fehler. Gewiss, diese Ganzkörpersäcke wirken provokativ. Aber das Recht einer der Angeklagten, sich in persona vor Gericht verteidigen zu können, ist ein höheres Gut als das Recht der Geschworenen, aus ihrem Mienenspiel auf schuldig oder unschuldig schließen zu können.

Dass der Richter dann noch von "Fetzen vor dem Gesicht" sprach, wird von der islamischen Community in Österreich sicher mit Freude und Vertrauen in die "Justiz der Ungläubigen" zur Kenntnis genommen werden. Im Übrigen meinte sogar der Staatsanwalt nachher, dass die Strafe für die Ehefrau und ihre Übersetzerdienste zu hoch sei. Der erste Prozess gegen "islamische Terroristen" in Österreichs hinterlässt ein ungutes Gefühl.

Wirksame Abschreckung? Wir werden sehen. Der schlichte Polizeistandpunkt, wie ihn Minister Platter einnimmt, ist jedenfalls ungenügend. (Hans Rauscher/DER STANDARD, Printausgabe, 15.3.2008)