Karl Brunnbauer vor seinem Haus in Speising im 13. Bezirk. Er rief die Initiative "Pro Nachbar" ins Leben

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Wien - Zwei Einbrüche in die Wohnung seiner Tochter in Wien-Neubau und das Auffinden eines Einbrechers, der auf dem Teppich eingeschlafen war, im eigenen Wohnzimmer - nach diesen Erlebnissen konnte Karl Brunnbauer nicht länger passiv bleiben. In seinem Haus in Hietzing, in der Friedensstadt, schaffte er sich eine Video- und Alarmanlage an und rief vor einem Jahr die Initiative "Pro Nachbar" ins Leben.

Die Idee dahinter: Jeder Einzelne behält die Nachbarschaft im Auge und teilt Verdächtiges der Polizei mit. Dadurch könnten möglicherweise Einbrüche verhindert werden. "Die Polizei allein schafft nicht alles", so der Pensionist. Brunnbauers Wohngegend ist eine ruhige. Schmale Straßen führen zu Einfamilienhäusern mit Garten. Laut Polizeistatistik gibt es hier nicht überdurchschnittlich viele Einbrüche. "Die Leute sind trotzdem erschüttert, wenn bei ihnen eingebrochen wird. Nicht nur wegen des Schadens, sondern, weil in ihren persönlichen Bereich eingedrungen wurde", sagt Karl Brunnbauer.

Abschreckung

Zwischen 20. Oktober 2007 und 2. März 2008 verzeichnete die Polizeiinspektion (PI) Speising 86 Einbrüche. Anfang März startete Brunnbauer daher eine große Info-Offensive und rief seine Nachbarn zu einer Besprechung. Von den 200 Menschen, die zur Veranstaltung kamen, haben nun einige auf ihrem Gartentor das Symbol der Aktion kleben. Das Auge mit einem Haus im Blick soll ähnlich wie ein "Vorsicht bissiger Hund"-Schild Einbrecher abschrecken.

"Neighbourhood-Watching wie in England ist bei uns nicht beliebt und das will Pro Nachbar auch nicht sein", sagt Brunnbauer. "Aber in Zeiten der Entsolidarisierung, wo keiner vom anderen etwas mitbekommt, gibt es auch mehr Delikte. Es geht um die Aufmerksamkeit über den eigenen Tellerrand hinaus", sagt der Pensionist. Viele waren es bisher nicht, die verdächtige Beobachtungen der Polizei mitgeteilt haben, sagt Kurt Waltschek, Abteilungsinspektor in der PI Speising.

Informationsfluss

Doch langsam kommt Bewegung in die Sache, auch wenn die Exekutive noch keine Erfahrungswerte hat. "Die Einbrecher machen da leider nicht mit", sagt Waltschek und lacht. "Doch Scherz beiseite. Wir begrüßen es sehr, was die Speisinger machen."

Einige Beobachtungen konnten möglicherweise schon Verbrechen verhindern. Brunnbauer erzählt: "Eine Nachbarin hat eine Frau beobachtet, die mit einem Kinderwagen ihre Runden drehte und sich suchend umschaute. Als die Nachbarin sie angesprochen hat, ob sie ihr helfen könne, hat sie bemerkt, dass gar kein Kind im Wagerl war. Ob die Frau die Gegend ausspioniert hat, weiß man nicht. Sie war dann jedenfalls schnell verschwunden." (Marijana Miljkovic, DER STANDARD Printausgabe, 15./16.3.2008)