Blick in eine Zelle im Polizeianhaltezentrum Wien-Hernals. Hier sollen im Juni während der EURO 2008 auch randalierende Fußballanhänger eingesperrt werden

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Wien - Ein bisschen kommt sich Georg Bürstmayr, Rechtsanwalt und Leiter einer der sechs Komissionen des Menschenrechtsbeirates (MRB), vor "wie ein Automechaniker, der Kfz-Pickerln vergibt". Mit dem Unterschied, dass es in seiner Werkstatt um menschenrechtliche Aspekte in der Polizeiarbeit geht. Was beim Auto die durchgerostete Bodenplatte, ist bei der Staatsgewalt die Schubhaft. Oder wie es Bürstmayr am Freitag anlässlich der Präsentation des MRB-Berichtes 2007 ausdrückte: "Den meisten heimischen Polizeianhaltezentren können wir kein Menschenrechtspickerl geben."

Marode "Liesln"

Am schlimmsten sei nach wie vor die Situation in den beiden Anstalten in Wien-Alsergrund und Wien-Hernals - im Polizeijargon auch "Liesl I" und "Liesl II" genannt. Die Mängelliste reicht von schlechter medizinischer Versorgung und hygienischen Missständen über Anhaltung in Einzelzellen bis hin zu Misshandlungsvorwürfen. "Und das, obwohl es in Schubhaftfällen um keine strafrechtlich relevanten Handlungen geht, sondern lediglich um die Anhaltung zur Ahndung einer Verwaltungsübertretung", betonte der MRB-Vorsitzende Gerhart Klaus Wielinger. Strafhäftlinge hätten wesentlich bessere Bedingungen.

Aber möglicherweise bald nicht mehr jeder Strafhäftling. Denn für die Dauer der EURO 2008 im kommenden Juni ist geplant, in den beiden "Liesln" auch randalierende Fußballanhänger aus dem In- und Ausland einzusperren. In den überfüllten Justizanstalten ist kein Platz mehr für Hooligans.

Fehlender Brandschutz

Den Beamten selbst können man für die miesen Schubhaftzustände, außer in Fällen von Misshandlungen, keine Schuld geben, sind sich die Menschenrechtswächter einig. Vielmehr fehle es hinten und vorne an finanziellen Mitteln und an Personal. Nach einem Feuerunfall im Schubhaftgefängnis in Hernals, bei dem ein 17-jähriger Marokkaner schwerstens verletzt wurde, hat der Beirat nun auch fehlende Brandschutzeinrichtungen auf die Kontrollliste genommen.

Fall Arigona Zogaj prüfen

Dem Vollzug der Fremdenrechte steht der MRB prinzipiell sehr kritisch gegenüber. Im Fall Arigona Zogaj will der Beirat, dass der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt prüft, ob die von Innenminister Günther Platter (VP) geplante Abschiebung der 16-Jährigen und ihrer Mutter in den Kosovo überhaupt rechtmäßig ist und ob nicht doch eine Aufenthaltsgenehmigung aus humanitären Gründen infrage komme.

Mit seiner Warnung vor Tasern, also Elektroschockwaffen, hat der MRB erreicht, dass das Innenministerium auf die Bremse gestiegen ist. Eigentlich sollte dieses "gelindere Mittel" schon zur Standardausrüstung der Polizei gehören. Während im Justizressort die Taser nach Todesfällen in Amerika wieder abgeschafft wurden, wird im Innenministerium die Zulassung erneut geprüft. (Michael Simoner, DER STANDARD Printausgabe, 15./16.3.2008)