Wien - Die ÖVP hat detaillierte Pläne für den Absprung aus der Koalition mit der SPÖ und Wahlen noch vor dem Sommer, berichtet "profil". Das Magazin veröffentlicht Auszüge aus Kampagneplänen mit dem Titel "Nationalratswahlen 2008 - Wahltag 1. Juni". Es handle sich um geheime Wahlkampfunterlagen mit genauen Veranstaltungs- und Inseratenplänen, die mit 1. April in Kraft treten sollen, teilte "profil" am Samstag in einer Vorausmeldung mit.

Friedensangebot

Das letzte der Teilkonzepte stamme von vergangenem Montag, also dem Tag nach der Niederösterreich-Wahl. Darin werde als nächster strategischer Schritt der ÖVP ein "Friedensangebot" an die Sozialdemokraten festgehalten: "Wenn die SPÖ ablehnt, hat sie aktiv Streit gewählt, dann kann man das Land von Neuwahlen erlösen." In dem "Friedensangebot" gehe es um ÖVP-Forderungen wie ein weitgehendes Festhalten am Steuerreform-Termin 2010, ein abermaliges Doppelbudget und eine Beendigung des Polizei-Untersuchungsausschusses spätestens Ende Juni, berichtet "profil" in der Aussendung.

Die Österreicher hätten freilich mit vorgezogenen Wahlen wenig Freude, bestätigt eine weitere - ebenfalls von "profil" veröffentlichte - Umfrage: 63 Prozent wollen demnach am regulären Wahltermin 2010 festhalten. Nur ein Fünftel, 20 Prozent der Befragten, wollten noch vor dem Sommer wählen. 13 Prozent wären für einen Urnengang im Herbst; vier Prozent legten sich nicht fest.

"Nicht bekannt"

Es sei "uns nicht bekannt, aus welchen Unterlagen das 'profil' zitiert", hieß es am Samstag im Büro von ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon zu den angeblichen ÖVP-Plänen für "Nationalratswahlen 2008 - Wahltag 1. Juni". In den letzten Tagen seien so viele angebliche Strategien und Taktiken aufgetaucht, "dass wir das gar nicht kommentieren möchten". Die ÖVP habe nur ein Ziel, nämlich das Regierungsprogramm mit der SPÖ umzusetzen, beteuerte Missethons Pressesprecher Nikola Donig gegenüber der APA.

Es sei doch üblich, dass Parteien Plakate und Veranstaltungen vorbereiten. Die ÖVP habe für die nächsten Monate eine Reihe von Veranstaltungen geplant, meinte Donig zu dem "profil"-Vorausbericht über geheime Wahlkampfunterlagen mit genauen Veranstaltungs- und Inseratenplänen. Und bekräftigte: "Ich weiß nicht, was dem 'profil' da vorliegt." Kostenaufstellungen für Plakate und ähnliches seien "die übliche Arbeit"; die SPÖ habe doch auch eine Frühlingskampagne präsentiert.

"Zurück an den Regierungstisch"

Donig erinnerte an den Appell von Vizekanzler Wilhelm Molterer an die SPÖ, auf den gemeinsamen Weg zurückzukehren. Die SPÖ solle die Kraft aufbringen, mit der ÖVP ihr Anti-Teuerungspaket umzusetzen. Stattdessen sei der Koalitionspartner aber damit beschäftigt, über Möglichkeiten einer Minderheitsregierung und eine Neugestaltung der Parteispitze zu diskutieren, merkte Donig an. Die ÖVP habe hingegen nur ein Ziel: "Regierungspartner zurück an den Regierungstisch und das Arbeitsprogramm mit den vereinbarten Zielen und Zeitplänen umsetzen."

"Versteckspiel beenden"

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina forderte am Samstag den Koalitionspartner auf, das "Versteckspiel endlich zu beenden". Kalina möchte vom Koalitionspartner wissen, "ob die ÖVP dazu bereit ist, auf Basis der Kompromissbereitschaft mit der SPÖ über Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung und eine rasche Steuersenkung zu verhandeln, oder ob das ganze nur ein abgekartetes Spiel ist, um die Regierung platzen zu lassen".

"Jedenfalls nicht vertrauensbildend" sei es, wenn vertrauliche Gespräche über ein geplantes Treffen der Parteispitzen an die Öffentlichkeit gelangen, stellte Kalina im SPÖ-Pressedienst zu einem Bericht der "Presse" fest. Die Zeitung berichtet in der Wochenendausgabe, dass es - auf Initiative der ÖVP - in den nächsten Tagen zu einem "Geheimtreffen" von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer mit der ÖVP-Spitze kommen soll. Dabei solle es um eine Art "Treuepakt" gehen, mit dem sich die Volkspartei im Herbst aus Anlass der Budget- und Steuerreform-Verhandlungen absichern wolle.

Grüne verlangen "Offenbarungseid"

Für die Opposition bot die "profil"-Meldung wieder einmal Anlass für Kritik an der Regierung: "SPÖ und ÖVP sollen endlich sagen, ob diese Regierung noch handlungsfähig ist - besser noch, sie sollen gestehen, dass sie es nicht mehr ist", meinte Grünen-Bundesparteisekretär Lothar Lockl in einer Aussendung. Offenbar würden beide Parteien "wechselweise den Absprung" planen. "Dieses Theater ist eine Verhöhnung der BürgerInnen und der Republik", konstatierte Lockl.

FPÖ rechnet mit Eskalation nach Ostern

Für FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky zielt der "nun aufgeflogene Neuwahlplan der Schüssel-ÖVP auf eine Total-Demütigung der SPÖ ab". Klar sei nun, dass die Koalitionsstreitereien "zum Gutteil in der politischen Hexenküche der ÖVP hausgemacht" seien. Er rechnet damit, dass "Schüssel und Co" der SPÖ nach Ostern einen "inhaltlichen Unterwerfungspakt" (mit Nein zur Steuerreform 2009, Verzicht auf akzeptable Pensionserhöhung etc.) vorlegen und bei Nichtunterfertigung "das Ende der Koalition herbeireden" werden.

Die Kosten einer vorgezogenen Wahl sollten, wie Vilimsky meint, die streitenden Koalitionsparteien tragen: Wenn Neuwahlen mutwillig herbeigeführt werden, müssten sie durch die Parteikassen von SPÖ und ÖVP finanziert werden. Und Parteien, die vor Ablauf der Gesetzgebungsperiode das Handtuch werfen, sollten auch keinerlei Wahlkampfkostenrückerstattung bekommen, forderte er in einer Aussendung. (APA)