Wien - Im Konflikt um den möglichen Verkauf mehrerer Unternehmensteile von Siemens Österreich verhärten sich die Fronten. Nach erfolglosen Gesprächen zwischen Belegschaftsvertretung und Vorstand am Freitag hat der Betriebsrat jetzt mit Betriebsversammlungen gedroht. Die zuständigen Gewerkschaftsspitzen, Metaller-Chef Erich Foglar und GPA-Chef Wolfgang Katzian, haben sich am Montag demonstrativ hinter den Siemens-Betriebsrat gestellt. Es könne nicht sein, dass die Beschäftigten für Fehler im Management in Deutschland die Zeche zahlten, erklärten Katzian und Foglar in einer gemeinsamen Pressemitteilung.

Betriebsversammlungen seien eine Möglichkeit, sagte der Vorsitzende des Zentralbetriebsrats Fritz Hagl am Montag im Gespräch mit der APA. Hagl verlangt eine sozialpartnerschaftliche Lösung. Man werde mit allen "demokratischen Möglichkeiten" für eine weiterhin breite Aufstellung der Siemens AG Österreich kämpfen". Am Mittwoch soll im Präsidium des Siemens-Europa-Betriebsrats in Deutschland beraten werden.

Laut Betriebsrat prüft der Münchener Konzern derzeit den Verkauf von 15 bis 18 Teilbereichen der Siemens Österreich mit rund 3.500 der in Summe 18.000 Mitarbeitern. Betroffen sind die Bereiche Gebäudemanagement mit etwa 1.400 Mitarbeitern, mehrere Elektronikwerke für Haushaltsgeräte und Schaltschränke mit knapp 1.000 Mitarbeitern, der Telekom-Bereich SEN mit knapp 700 Beschäftigten sowie die dazugehörigen Mitarbeiter in der Verwaltung.

Der Münchner Mutterkonzern will das Geschäft künftig auf die Kernbereiche Energie, Industrie und Gesundheit konzentrieren. Sogenannte "Non-Group-Activities" und ertragsschwächere Teilbereiche sollen verkauft oder stillgelegt werden. Bei Siemens Österreich sind zwar auch nach Informationen des Betriebsrats keine Schließungen angedacht. Durch einen Verkauf würde die breitflächige Aufstellung und Eigenständigkeit der Österreich-Tochter aber deutlich geschwächt, glaubt der Betriebsrat. Das Unternehmen würde dadurch seiner Ansicht nach "um Jahre zurückgeworfen".

Hagl verweist vor allem darauf, dass die betroffenen Bereiche allesamt Gewinne erwirtschaften würden. "Bei den Lohn- und Gehaltsverhandlungen wird oft über einen Zehntel Prozentpunkt gestritten. Jetzt will Siemens Nettoerträge von 3 bis 6 Prozent Betriebsgewinn nicht mehr haben", so die Gewerkschaft in einem Mitarbeiter-Schreiben. Der Konzern hatte im Jänner als Ziel für die Industrie-Sparte eine operative Gewinnmarge von 9 bis 13 Prozent, für den Energie-Sektor 11 bis 15 Prozent und für den Gesundheitsbereich 14 bis 17 Prozent ausgegeben.

Furcht vor weiteren Einsparungen

Der Betriebsrat glaubt, dass durch diese Strategie die Auftragseingänge zurückgehen und fürchtet dann weitere Einsparungen. Die breite Aufstellung habe Siemens Österreich vor Konjunkturschwankungen abgesichert. Gebe man diese auf, wäre eine Konjunkturschwächephase für Siemens Österreich und insbesondere für die eigene Fertigung "tödlich", so Hagl: "Dann sind wir in ein paar Jahren nur noch eine Vertriebsniederlassung."Mit "sinnvollen Kooperationen" in Teilbereichen könne der Betriebsrat leben. Ziel müsse es aber sein, die auf dem Prüfstand stehenden Teilbereiche "überwiegend im Konzernverbund zu behalten".

Konzernsprecher Harald Stockbauer hatte sich zuletzt zu den geplanten Umstrukturierungen nicht eingehend äußern wollen. Eine Entscheidung über die neue Struktur für Österreich und Zentral- und Osteuropa soll bei der Aufsichtsratssitzung am 31. März fallen. (APA)