Lange war es still um Erwin Togger, dieses Urbild eines NaziChefredakteurs, der, wie an dieser Stelle vor einiger Zeit berichtet, in einem Nazifilm aus den Dreißigerjahren jüdischen Intrigen mannhaft und natürlich erfolgreich entgegenzutreten hatte. Am Palmsonntag ist nach längerer Pause Erwin Togger als beliebtes Pseudonym des Herausgebers der "Kronen Zeitung" wieder auferstanden, und das gleich doppelt. Auf den Seiten 4 und 5 der "Krone bunt" stellt er als außenpolitischer Analytiker Barack Obama als "Versöhner in einer unversöhnlichen Welt" vor, ein paar Seiten weiter hinten teilt er die Meinung eines der überlebenden KZler, gut, dass es den Film "Der Fälscher" gibt.

Es kann nur Bescheidenheit sein, wenn Hans Dichand sein Genie der politischen Analyse unter den Scheffel eines dazu auch noch irreführenden Pseudonyms stellt, verraten doch die Erkenntnisse, die er seinen Lesern vermittelt, intimste Einblicke in amerikanische Verhältnisse. Wenn man die großen amerikanischen Zeitungen liest, kommt man darauf, dass es in dem hektisch gewordenen Vorwahlkampf um die Präsidentschaftskandidatur in der ganzen amerikanischen Öffentlichkeit geradezu einen "Hunger" auf Neubeginn gibt. Das muss nicht falsch sein, wenn man von der ganzen amerikanischen Öffentlichkeit nur die weniger hungrige republikanische Hälfte abzieht.

Der bekannte Journalist Hertzberg schreibt in der "Nation", schreibt der bekannte Journalist Erwin Togger in der bunten "Krone", er sei sicher, dass die Senatorin Clinton - obgleich sie immer von ihrer großen Erfahrung spricht - keine Chance mehr gegen Barack Obama und der (!) Aura habe, die er um sich geschaffen hat. In der "National Review", fährt Togger fort, die konservativ eingestellt ist, bezeichnet ihn John O'Sullivan als allen anderen Kandidaten überlegen, weil Obama "zu seiner Nettigkeit auch noch Tiefgang" habe. Und weiter füllt Togger sein Körbchen mit Lesefrüchten. Leon Wieseltier, sehr einflussreicher Literaturkritiker der "New Republic", sagt voraus, es gehe auch neben den Machtinteressen, die ja selbstverständlich sind, diesmal auch um Religion. Aber selbst die linke Zeitschrift "The Nation" empfiehlt ihren Lesern, nicht Hillary Clinton, sondern Obama die Stimme zu geben ... Er wirke einfach menschlicher. So trete er auch als verlässlicher Progressiver auf.

Bewundernswert, was ein so beschäftigter Mann wie Togger alles liest, nur um es für sein Publikum wieder hervorzuwürgen. Schließlich muss er jede Woche auch noch auf eine Melange mit dem Gratisblatt seiner Schwiegertochter gehen, wo er freihändig die österreichische Politik analysiert. So antwortete er Freitag bei diesem Anlass auf die Frage, ob das Eintreten für die Volksabstimmung das Erfolgsgeheimnis von Barbara Rosenkranz war, mit einem entschiedenen: Ganz bestimmt. Dabei hatte er wenige Tage zuvor noch eingeräumt: Fast überraschend ist, dass sich das große Problem Volksabstimmung und EU wenig ausgewirkt hat. Da stand er freilich nicht unter dem Einfluss einer Melange.

Doch zurück in die USA. Sicherer als Cato wirkt Togger, wenn er aus seiner Intimkenntnis der USA Obama zu einem naheliegenden Vergleich heranzieht. Im Grunde ist das ja nicht neu, hat nicht schon George Washington eine solche Politik angestrebt? Er nannte es das "Zeitalter des Konsenses", eine Annäherung an die US-Innenpolitik, die im Zeitalter des Nonsenses durchaus ihren Sinn ergibt. Dennoch verfolgt Obama, anders als George Washington, gleichzeitig die Abkehr von vertrauten Pfaden. Natürlich bräuchte man vielleicht eher einen Magier als einen Politiker zum Präsidenten. Und was passiert, wenn man in der "Krone" eher einen Magier als einen Politiker zum Präsidenten braucht? Sofort ist da im "New Yorker" ein Artikel, der vom "inspirierenden Feuer in der Seele Obamas" spricht. Das passt natürlich viel besser zu den Amerikanern. Natürlich.

Wem das inspirierende Feuer in der Seele Obamas nicht genügt, für den hat Togger noch etwas völlig Überraschendes parat. Das völlig Überraschende an den Auftritten des Halbafrikaners ist, dass er auch seine Verbindung zum tiefschwarzen Afrika sehr pflegt. So gibt es im tiefen Kenia eine 86-jährige Sarah Obama. Sie ist die Großmutter des Kandidaten. Sie ist natürlich mächtig stolz auf ihren berühmten Enkel. Sie ruft Gott an: "Es ist gefährlich in so hoher Position", sagt sie. "Möge Gott ihn beschützen. Ich bete für ihn!" Da wollte sich Togger nicht lumpen lassen.

Als er sich für dieses Wochenende auch noch "Die Fälscher" aufhalste, war das inspirierende Feuer in Toggers Seele nur noch ein müdes Glimmen. Der Film allerdings läuft schon seit einem Jahr in Wien, Zeit also, den Lesern die Nacherzählung zu liefern. Und einen bisher unentdeckten Fälscher. Ein anderer ist Abraham Sonnenfeld, der nun in Israel lebt. Wir haben einiges über ihn erfahren können. Seit es den Film gibt, der erst in dieser Woche in Israel anläuft, interessiert man sich natürlich auch für ihn. Seine Familie scheint allerdings nicht begeistert zu sein, dass er im Dritten Reich Geld gefälscht hat.

Verständlich, wer hat schon gern einen Fälscher in der Familie. (Günter Traxler, DER STANDARD; Printausgabe, 18.3.2008)