Kein Dach, Efeu, Holzverschläge: die Korneuburger Synagoge.

Foto: DER STANDARD/Robert Newald

Korneuburg – "Die alte Korneuburger Synagoge ist ein Denkmal von großer Bedeutung. Es gibt in Mitteleuropa nur ein vergleichbar wichtiges Gebäude, und das steht im ungarischen Sopron", sagt die stellvertretende niederösterreichische Landeskonservatorin, Margit Kohlert. "Würde man die Synagoge renovieren und der Öffentlichkeit zugänglich machen, so könnte das wohl so manchen Besucher in die Stadt bringen", ergänzt die Bundesrätin und Fraktionschefin der Korneuburger Grünen, Elisabeth Kerschbaum.

Doch von tourismusfördernden Besichtigungstouren zum ältesten, aus dem ersten Viertel des 14. Jahrhunderts stammenden jüdischen Gotteshaus Österreichs, kann derzeit nicht die Rede sei. Auch zwanzig Jahre, nachdem der 100 Quadratmeter Fläche umfassende Bau in der Korneuburger Roßmühlgasse unter Denkmalschutz gestellt wurde, ist er eine Ruine: kein Dach, Efeu an den Wänden, Holzverschläge in den Fenstern. Und an einer Längsseite hat der derzeitige Besitzer, ein Korneuburger Privatmann, die Öffnung für ein Garagentor stemmen lassen.

Besitzer ist "zornig"

Diese Eigenmächtigkeit hatte vergangenen September von Neuem das Interesse auf das seit der ersten Vertreibung der Juden 1420 nicht mehr religiös genutzte, aber in der Substanz erhalten gebliebene Gebäude gelenkt. "Die Arbeiten widersprachen den Denkmalschutzauflagen. Also haben wir sie gestoppt", schildert der Korneuburger Baumamtsleiter Christian Eichinger. Der Besitzer, Herr K., ließ das Stemmen unter Protest sein. "Aber jetzt ist er zornig, weil er all die Denkmalschutzauflagen erfüllen muss", berichtet Bürgermeister Wolfgang Peterl (SP).

Verhandlungen über einen allfälligen Verkauf des Grundstücks, um die Synagoge in der Folge sanieren zu können, hätten "zum derzeitigen Zeitpunkt daher wenig Chancen", meint der Ortschef. Doch genau das ist das Ziel einer neuen Initiative, die unter anderem von den Grünen unterstützt wird: "Wir werden mit Herrn K. reden. Es muss möglich sein, eine Lösung zu finden", gibt sich Initiativensprecher Gerhard Meseck optimistisch.

Immerhin handle es sich bei der Synagoge um ein "einzigartiges Kulturgut", sagt Meseck. Dass bisher nichts geschehen sei, zeuge von der "Halbherzigkeit der Versuche". Dem widerspricht Peterl: 1999 sei man mit K. bereits "unmittelbar vor der Einigung über einen Grundstücktausch gestanden", dann habe dieser "in letzter Minute abgewunken".

Meseck sucht unterdessen schon nach potenziellen "Spendern und Sponsoren, um der öffentlichen Hand die Dringlichkeit des Anliegens zu zeigen". Auch Pläne aus 1999 zur "Revitalisierung der Synagoge und deren Nutzung" hat er ausgegraben. Während Konservatorin Kohlert nach Sopron weist: Das dortige Museum im Gotteshaus sei ein "wahrer Publikumsmagnet". (Irene Brickner/DER STANDARD, Printausgabe, 18. März 2008)