Die Financial Times schreibt von einem "Hauch von 1929" (Börsenkrach und Weltwirtschaftskrise). Die FAZ spricht von einer "globalen, gefährlichen Finanzkrise", die Süddeutsche erklärt "Die Finanzkrise hat eine neue Dimension erreicht" und Harvard-Professor und New York Times-Kolumnist Paul Krugman sagt: "Während Sie das lesen, fällt alles auseinander" und prophezeit, dass das US-Finanzsystem mit Steuergeld vor einer allgemeinen Insolvenzkrise gerettet werden muss.

Europa und Österreich sind von dieser Liquiditäts- und Vertrauenskrise nicht oder kaum betroffen. Aber sie wird nicht ohne Auswirkungen auf Europa bleiben, wenn es der Regierung Bush, die durch ihren Marktfanatismus und ihre Regulierungsphobie ein gewaltiges Stück Mitverantwortung trägt, und der US-Notenbank nicht gelingt, das Lauffeuer einzudämmen. So oder so sind Auswirkungen auf die Realwirtschaft in den USA schon spürbar und werden dann vermutlich Europa nicht verschonen.

In dieser Situation wäre es nicht ungünstig, wenn Österreich eine funktionierende Regierung statt einer zerstrittenen Blockade-Partie und/oder schwindligen Neuwahl- und/oder Minderheitsregierungsexperimenten hätte. Es wäre auch günstig, würde sich der Finanzminister und Vizekanzler Molterer auf seine eigentliche Aufgabe besinnen und statt "Dieser rote Kanzler ist ein Fehler"-Sagern ein oder zwei Strategiesitzungen mit Ökonomen, der Nationalbank und, horribile dictu, auch mit dem Bundeskanzler veranstalten - für den Fall der Fälle.

Normalerweise heißt es von Sozialdemokraten ("Sozialisten" in der neuen ÖVP-Diktion), sie könnten mit Geld nicht umgehen, beziehungsweise nur das Geld anderer Leute mit Begeisterung ausgeben. Da ist auch was dran, und die Vorstellung, dass ökonomische Titanen wie Gabi Burgstaller und Erwin Buchinger ("Besteuern wir einfach alle mit einem Verdienst über 3500 Euro monatlich höher und stopfen damit die Löcher im Sozialbudget") wirtschaftspolitisch etwas zu sagen haben, ist erschreckend (Lohneinkommen über 3500 Euro tragen übrigens fast 80 Prozent des Lohnsteueraufkommens).

Aber: Was immer man über Bundeskanzler Gusenbauer sagen kann und will, er ist auch ein ökonomisch gebildeter Mensch und ist in der Lage, volkswirtschaftlich zu denken.

Die ÖVP gilt als braver und sparsamer Verwalter des wirtschaftlichen Geschicks der Bürger. Dem steht entgegen, dass sich diese ÖVP sechs Jahre lang einen Blender wie Karl-Heinz Grasser als Finanzminister geleistet hat und zu allem Überfluss wieder zurückholen will. Denselben Karl-Heinz, der - nachdem er monatelang von den tollen internationalen Jobs daherschmetterte, die ihm demnächst angeboten würden - bei einer in gröberen Turbulenzen befindlichen Investmentfirma seines Yacht-Freundes Meinl gelandet ist, mit der ein Haufen Leute einen Haufen Geld verloren hat. Derselbe Karl-Heinz, der mit seiner "größten Steuerreform aller Zeiten" die Progression so angeschärft hat, dass der Eingangssteuersatz 38 Prozent beträgt und der Mittelstand entsprechend ausgeraubt wird.

Willi Molterer ist Finanzminister. Die globale Finanzkrise kann nicht unbemerkt an ihm vorübergezogen sein. Er und der Kanzler haben sich zusammenzusetzen und unter Einbeziehung aller verfügbaren Expertise einen Eventualplan zu entwerfen. Österreich ist von der Krise noch völlig unberührt, aber es wäre fahrlässig, keine Vorkehrungen zu treffen. (Hans Rauscher, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.03.2008)