Wien - "In Bälde" soll ein "fix und fertiges" SPÖ-Verhandlungspapier zur geplanten Steuerreform vorliegen. Das kündigte Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) an. Nach der Wahrscheinlichkeit der Umsetzung einer Steuerform gefragt meinte er in Richtung ÖVP, "wenn man mutwillig zerstören und in Neuwahlen gehen will, wird es schwierig sein". Es sei eine "Frage des Willens", so Gusenbauer vor Beginn der Sitzung der SPÖ-Expertengruppe am Dienstag im Parlament.

Wirtschaftliche Situation verändert

Der SPÖ-Vorsitzende bekräftigte einmal mehr seinen Standpunkt, wonach sich die wirtschaftliche Situation heuer im Vergleich zum Vorjahr verändert habe und daher eine rasche Steuersenkung nötig sei. Die Frage, ob die Steuerreform zur Koalitionsfrage wird, ließ der Kanzler unbeantwortet. Die ÖVP hatte ja heute ihre Ablehnung eines Vorziehens der Reform von 2010 auf 2009 erneut deponiert.

Die Kritik des Salzburger Bürgermeisters Heinz Schaden (SPÖ), der gegen eine Steuerreform 2009 ist, tat Gusenbauer als für die Partei "nicht repräsentative Einzelmeinung" ab. Zu der von der ÖVP heute deponierten Ablehnung einer Erhöhung der Negativsteuer meinte Gusenbauer, man müsse ein Augenmerk auch auf jene legen, die hart arbeiten und trotzdem so wenig verdienen, dass sie unter der Steuerbemessungsgrundlage zu liegen kommen. Bei den heutigen Beratungen sollen die bisherigen SPÖ-Vorschläge von den Experten bewertet werden.

ÖVP: Bereit für inhaltliche Verhandlungen, "wenn SPÖ so weit ist"

Die ÖVP rückt vom Termin 2010 für die geplante Steuerreform nicht ab, ist aber zu inhaltlichen Verhandlungen mit dem Koalitionspartner bereit, "wenn die SPÖ so weit ist". ÖVP-Finanzsprecher Günter Stummvoll glaubt allerdings nicht, dass die Kanzlerpartei schon ein fertiges Konzept hat, wie er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon am Dienstag sagte. Sollte dies aber doch der Fall sein, könne man "sich gerne austauschen", so Stummvoll, der gleichzeitig mehreren SPÖ-Vorschlägen eine Absage erteilte.

Keine 100-Euro Einmalzahlung

Nicht kompromissbereit ist die ÖVP auch in Sachen 100-Euro-Einmalzahlung zur Inflationsabgeltung. Dafür pochte Missethon, der "kein Öl ins Feuer gießen" wollte, auf das eigene Anti-Teuerungspaket, das pro Durchschnittshaushalt eine Entlastung von rund 50 Euro pro Monat bringe würde. Stummvoll bezeichnete die von der SPÖ geforderte Einmalzahlung unter Berufung auf Experten als nicht verhandelbaren "Holler".

Kein 2010er-Termin

Klar abgelehnt wurde von Stummvoll neuerlich auch die Forderung der SPÖ, die Steuerreform auf 2009 vorzuziehen. Das würde das ganze Budget "durcheinanderbringen". Außerdem sei der entsprechende "sozialpopulistische" Vorschlag von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) nicht aus sachpolitischen Gründen erfolgt, sondern im Zuge schlechter Umfragewerte, meinte Stummvoll, der keine Steuerreform auf Pump will. Denn Schuldanmachen sei wie eine Droge: "Zunächst ist man high, später kommt das böse Erwachen."

Keine konkreten Zahlen

Konkrete Zahlen und Daten zu den Steuerplänen der ÖVP nannten Missethon und Stummvoll nicht, weil es "unprofessionell wäre", dem Koalitionspartner über die Presse Vorschläge zu machen. Sie bekräftigten jedoch die großteils bereits bekannten Eckpunkte.

Entlastungen für Familien und Mittelstand

Im Zentrum stehen dabei Entlastungen für Familien (Stichwort Steuersplitting und Existenzminimum) und den Mittelstand. Letzteres sind aus Sicht Stummvolls jene 55 Prozent, die Lohn- und Einkommenssteuer zahlen. Die 45 Prozent, die keine Steuer zahlen, sind für die ÖVP kein Thema bei der Steuerreform, sondern eine sozialpolitische Angelegenheit, erteilte Stummvoll der von der SPÖ geforderten Erhöhung der Negativsteuer, die auch vom ÖVP-Seniorenbund befürwortet wird, eine Absage.

Im Bereich Unternehmensbesteuerung schlägt die ÖVP eine einheitliche, rechtsformneutrale (kein Unterschied zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften, Anm.) Besteuerung vor. Verhandlungssache ist für die ÖVP die Frage, an welcher Schraube (Höchststeuersatz oder Einkommensgrenze) man drehen sollte, um die anwachsende Gruppe jener, die unter dem Spitzensteuersatz fallen, zu entlasten. (APA)