Ein Entkommen? Fast unmöglich.

Illu: STANDARD
Die Welt der Anleger und Investoren ist eine Welt der Extreme. Auf der einen Seite steht derzeit eine große US-Investmentbank (Bear Stearns) fast vor dem Kollaps, muss notverkauft werden und reißt rund um den Erdball viele Finanztitel mit nach unten. Die Notenbanken schießen permanent unglaublich hohe Summen in den Markt, um das Bankensystem aufrechtzuerhalten, weil das Misstrauen der Institute untereinander bereits so groß geworden ist, dass man einander kaum noch Geld borgen will. Wie sich das alles auf die US-Konjunktur und in weiterer Folge auf die wirtschaftliche Entwicklung in Europa und Asien auswirken wird, ist nicht ganz klar. Die Prognosen für das Wirtschaftswachstum werden global vorerst aber zurück geschraubt.

Auf der anderen Seiten kämpfen Emittenten und Teams von Produktentwicklern um das Geld der Anleger. Dabei wird vor allem auf aktuelle Trends reagiert. So ist etwa der Klimawandel längst auch ein Investment-Thema geworden. Umweltfreundliches Veranlagen, grüne Investments und nachhaltige Gewinne decken diesen Bereich ab. Ein derzeit hochaktueller Trend sind Rohstoffe, da, ausgehend von den Turbulenzen auf den Finanzmärkten, Werte wie Öl und Gold fast täglich mit neuen Rekordhochs überraschen.

Schweinebäuche und Luxus

Wo immer sich in der Welt ein Thema auftut, ebnen Finanzprodukte für Anleger den Weg dorthin. So kann heute jeder, der möchte, beispielsweise mit Schweinebäuchen handeln. Möglich wurde das, weil Zertifikate aufgelegt wurden, die diese Terminkontrakte als Basiswerte zusammenstellen und so auch den Privatanlegern die Terminmärkte geöffnet haben. Bisher war dieser Markt nur professionellen Händlern zugänglich. Auch in andere Rohstoffe wie Reis oder Zucker können Privatanleger ihr Geld problemlos stecken.

Regionale Begrenzungen gibt es kaum noch. Von West nach Ost, von Nord nach Süd ist die Weltkarte via Aktien, Fonds und Zertifikaten erschlossen. Ob Bangladesch, Dubai, Vietnam oder die Philippinen: Wo es Börsen gibt, wird investiert.

Insider und Risiko

Auch der Fantasie der Produkthersteller scheinen keine Grenzen gesetzt. Wem Schweinebäuche im Portfolio missfallen - etwa Vegetariern -, der kann auch auf Organic Food setzen: mit dem "S-Box Organic Food-Index", der die Kursentwicklung von Unternehmen abbildet, die biologische Nahrungsmittel anbauen, bearbeiten, herstellen, vermarkten oder mit ihnen handeln.

Wer so investieren will, wie die großen Konzernbosse dieser Welt, kann dies mit dem "Insider Index" tun, der die Kursentwicklung 15 großer europäischer Unternehmen abbildet, die im vergangenen Quartal das höchste Verhältnis von Insider-Käufen zu Marktkapitalisierung hatten.

Egal ob es um Luxusprodukte, Krankheiten (der "Diabetes-Index" beispielsweise bildet die Kursentwicklung internationaler Unternehmen ab, die als ihren Hauptgeschäftszweck die Heilung und Linderung der Zuckerkrankheit haben), Länder, Regionen oder Rohstoffe geht - Geld kann in beinahe jedes Thema gesteckt werden.

"Es gibt alles", fasst ein Marktteilnehmer zusammen und warnt zugleich. Vieles sei leicht handelbar geworden, daher werde oft auf die Risikokomponente vergessen. Man dürfe nicht nur den Boom, etwa bei Rohstoffen, sehen. Ernteausfälle könnten auch die Orangenernte bedrohen, was vielfach schlicht nicht berücksichtigt werde. Auch Phasen politischer Instabilität könnten das Portfolio arg beuteln.

Durch die Globalisierung der Investments können sich Anleger freilich auch den weltweiten Krisen und Unsicherheiten nicht mehr entziehen. Erschütterungen an der Börsen schlagen weltweit durch. Als Regel gilt: Wer global veranlagt, muss auch globale Schocks aushalten. (Bettina Pfluger, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 20.3.2008)