Bis zu eine Million Dosen des neuen Impfstoffes gegen Japanische Enzephalitis kann Intercell in einem fünfstufigen Verfahren im schottischen Werk in Livingston herstellen.

Foto: Intercell
125 Millionen Euro hat das Wiener Biotechunternehmen Intercell seit 1999 in die Entwicklung seines Impfstoffes gegen die Tropenkrankheit Japanische Enzephalitis investiert. Jetzt steht man kurz vor der Ernte: Mit der Zulassung des neuen Medikaments in den USA und in Europa wird 2008 gerechnet, im schottischen Intercell-Werk ist die Produktion bereits angelaufen.

"Wir bauen einen Launch-Stock von 300.000 Dosen auf, die Zielkapazität des Werks liegt bei einer Million Dosen", sagt Intercell-COO-Thomas Lingelbach zum Standard bei einer Werkpräsentation.

2009 erwartet Intercell einen Absatz von rund 500.000 Dosen, für eine Immunisierung sind zwei Impfungen im Abstand von 30 Tagen nötig. Erste Zielgruppen für das Intercell Vaccin sind das US-Militär und Reisende, die sich länger in Ost- und Südostasien aufhalten, wo Japanische Enzephalitis endemisch ist. (siehe Kasten "Wissen").

Die Impfrate liege derzeit bei einem Prozent der Asien-Reisenden. "Wir erwarten, dass man in fünf Jahren drei bis 3,5 Prozent erreichen kann", so Lingelbach. Das entspreche dann etwa 1,5 Mio. Dosen.

Gute Chancen

Die Chancen für Intercell, diesen Markt zu erobern, stehen gut: "Wir gehen davon aus, dass wir in diesem Zeitraum keinen Mitbewerb haben werden."

Der einzige für Europa und die USA zugelassene JE-Impfstoff von Biken/Sanofi wurde unlängst vom Markt genommen. "Sanofi hat alle Kunden darüber informiert und auf unseren Impfstoff verwiesen", so Lingelbach, der sich über dieses "erste Gratismarketing" freut.

Nach internen Kalkulationen könnte eine Immunisierung mit dem Intercell Vaccin 300 Dollar (200 Euro) kosten. "Das ist der Preis für die drei Impfungen, die bisher nötig waren, plus eine Prämie." Denn das neue Produkt sei sicherer, leichter zu verabreichen und "völlig nebenwirkungsfrei".

Mit dem Partner Novartis, der den Vertrieb für die USA, Kanada und Europa übernimmt, sei dieser Preis allerdings noch nicht akkordiert. Bereits fest steht hingegen der Aufteilungsschlüssen für den Erlös: Er wird 50:50 geteilt.

An das US-Militär wird Intercell direkt liefern. Rund 70.000 US-Soldaten wurden bisher jährlich geimpft. "Wir wollen das zu 100 Prozent ersetzen und gehen davon aus, dass eine Verdoppelung der Impfungen ohne weiteres zu erreichen ist."

Um den Impfstoff auch in Asien verfügbar zu machen, habe Intercell das Vaccin an den indischen Produzenten Biological E lizensiert. "Wir wollten keine Zweiklassengesellschaft, sondern mit unserem Impfstoff auch die Gesundheitssituation in den endemischen Märkten verbessern. Einen Impfstoff, den man in einem Hochpreismarkt unter hohen regulatorischen Anforderungen herstellt, kann man aber nicht in einem Billigpreisland verkaufen," so Lingelbach. Denn dort sei für eine Dosis oft nur ein Dollar zu erlösen.

Produktion in Indien

Biological E sei nun dabei, die Produktion in Indien aufzusetzen und werde den Impfstoff in Indien, Nepal, Pakistan und Bhutan vertreiben. Offen sei noch, ob Biological E in den öffentlichen oder den privaten Markt gehen werde, letzteres aber die wahrscheinlichere und ertragreichere Variante. Intercell werde mit "etwas unter zehn Prozent" am Erlös beteiligt. Mit der Zulassung des Produkts in Indien rechne man 2009. "Medizinisch, klinisch ist es der gleiche Impfstoff, regulatorisch sind die Anforderungen nicht so hoch wie für den US-Markt." Bei Wirksamkeit und Verträglichkeit werde es aber keine Unterschiede geben, sagt Lingelbach. Die Suche nach einem Partner für den Hochpreismarkt Japan habe Intercell vorerst vertagt, man wolle nun auf Daten aus einer Kinderstudie warten.

Zur Weiterentwicklung des Impfstoffs für Kinder will Intercell nochmals 15 Mio. Euro investieren. Das Potenzial in Japan sei groß, aber abhängig von Impfempfehlungen. "Wenn alle Kinder in einem gewissen Alter geimpft werden, sprechen wir von drei bis vier Millionen Dosen jährlich", sagt Lingelbach. (Gabriele Kolar aus Livingston, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.3.2008)