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Dass Opportunismus bisweilen ein Fehler ist, gab Wolfgang Flöttl in dieser Woche im Bawag-Prozess zu erkennen. "Wir waren völlig opportunistische Investoren", sagte der angeklagte Spekulant am Montag zu seiner Veranlagungs-Strategie. Drei Tage später musste er einbekennen: "Als ich von der Russland-Krise im Sommer 1998 erfuhr, war ich noch stolz, dass ich dort nicht investiert war. Ich dachte auch noch Ende September, dass ich gut bin. Aber ich war es nicht."

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Von einem großartigen oder auch nur großen Masterplan bei den Flöttlschen Investments hat auch Gerichts-Gutachter Fritz Kleiner keinerlei Spuren gefunden: "Eine Strategie ist eine durchgehende Vorgangsweise, die man unter Umständen ändert. Aber von einer Strategie war da nicht die Rede. Wenn die Strategie war 'Der Yen wird fallen' - dann war das eben die Strategie."

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Bevor das ganze Geld weg war, musste Wolfgang Flöttl es bekommen. Erstmals war das im Zuge der Russland-Forderungen der Bawag der Fall: Flöttl übernahm diese und bekam von der Bawag (also seinem Vater, dem Ex-Bawag-General Walter Flöttl) für den hervorragenden Preis etwas "Spielgeld" mit auf den Weg. Er selbst machte damit Verluste, verzichtete aber darauf, seinen Schaden geltend zu machen, denn: "Ich hätte die Bawag klagen und meinen alten Vater vor Gericht zerren, Krieg mit ihm führen müssen."

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Krieg führen wollte später auch die Bawag nicht. Als 1998 das ganze Geld weg war, hätte Flöttl die Verpflichtung gehabt, es zurückzuzahlen. Warum hat man nicht geklagt? "Wir haben uns für einen anderen Weg entschieden", klärte Johann Zwettler Richterin Bandion-Ortner auf. Der Weg ist bekannt: Flöttl überschrieb der Bawag Teile seines Vermögens und bekam dafür frisches Geld.

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Nicht nur für die Bawag war 1998 ein schlechtes Jahr. Damals musste der US-Hedgefonds Long Term Capital Management, der von zwei Nobelpreisträgern gegründet worden war, von der US-Notenbank vor der Pleite gerettet werden. Die ganze Finanzbranche sprach damals über nichts anderes, sagte Zeuge Thomas Hackl in dieser Woche aus. Die ganze Finanzbranche? Nein, in Wien realisierte u.a. der angeklagte Ex-Bawag-Vorstand Hubert Kreuch die Krise erst "Wochen später. Möglicherweise sprachen die Fachleute früher davon, aber die hören ja das Gras wachsen."

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Gras wachsen wird laut dem US-Ökonomen Joseph Stiglitz auch über die derzeitige Finanzkrise noch längere Zeit keines. Es herrsche die "schlimmste Krise" seit der Depression der 30er-Jahre, sagte der Nobelpreisträger in dieser Woche. Auch die Leitzinssenkung der Fed werde daran wenig ändern: "Die Zinssenkung wird die Blutung ein bisschen aufhalten, aber sie geht nicht auf die grundlegenden Probleme ein, die zum Zusammenbruch des Finanzsektors führen."

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Ferdinand Lacina sieht in den Zinssenkungen ebenfalls nur "Symptomkuren". Die Krise werde noch lange dauern, aber man könne auch etwas daraus lernen, sagte der frühere SP-Finanzminister im STANDARD-Interview: "Ich lerne daraus, dass der Neoliberalismus tot ist, für länger."

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Und zum Schluss noch ein echter Neuling in dieser Rubrik: Oliver Brichard, Obmann der Wiener Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, wehrt sich für seine Branche heftig gegen die Regierungspläne, die Maklerprovisionen von drei auf maximal zwei Monatsmieten zu senken. Der Wohnungssuchende habe vielleicht ein- bis zweimal im Leben eine Maklerprovision zu bezahlen, deshalb könne man "genauso gut die Senkung der Flughafengebühr auf Male, wo der Durchschnittsösterreicher höchstens zweimal im Leben landet, als Maßnahme der Inflationsbekämpfung verkaufen." (map)

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