Niemand wird bestreiten, dass Österreich eine veritable Regierungskrise zu ertragen hat. Nicht sehr amüsant für die Bürger. Aber immerhin gibt es jetzt erste Anzeichen dafür, dass die Koalitionsparteien sich zusammenreißen und - bei allen weltanschaulichen Differenzen - im Finanz-, Wirtschafts- und Strukturbereich doch noch ein Reformpaket schnüren.

Das werden viele im Erfolgsfall erst recht wieder als sozialpartnerschaftliche und großkoalitionäre Mauschelei empfinden. Aber was sonst sollen sie denn tun? Sie haben keine Alternative. Denn fast noch schlimmer als die derzeitige Koalitionskrise ist die Oppositionskrise. Das geht im Gedonner des Steuerstreits bisher etwas unter. Die parlamentarische Opposition erscheint indisponiert, ideenlos und/oder schwach.

Würden die Herren Westenthaler und Grosz nicht hin und wieder im Fernsehen auftreten, man könnte meinen, das BZÖ gibt es gar nicht. Die FPÖ? Der immer gleiche Anti-Anti-Anti-Schmäh, oft gepaart mit rassistischen Untertönen.

Am deutlichsten aber zeigt sich der strategische Mangel bei den Grünen, die in Niederösterreich nicht ganz zufällig untergegangen sind. Die jüngsten Äußerungen der Parteispitze sprechen für sich. Vizechefin Eva Glawischnig: Sollten ÖVP und SPÖ bis Ende Juni (!) keine Ergebnisse liefern, würden die Grünen "im Juli bei der letzten Nationalratssitzung vor der Sommerpause (!) in die Offensive gehen". Na bum! Da fürchten Rot und Schwarz sich heute schon, Mitte März. Man glaubt, das ist ein Witz, aber Frau Glawischnig meint das offenbar ernst.

Übertroffen wird sie nur von Parteichef Van der Bellen in den Salzburger Nachrichten: "Wir streben entweder Rot-Grün oder Schwarz-Grün an, das sage ich ganz offen." Klare Worte! Bei so viel Entweder-und-oder-sowohl-als-auch-bzw.-doch-nicht-Opposition wirkt Rot-Schwarz richtiggehend frisch entschlossen. (Thomas Mayer/DER STANDARD, Printausgabe, 22.3.2008)