>>>"Netzbikini": Eva Grubinger bietet das Accessoire weiblicher Zurschaustellung als Schnittbogen zum Selbernähen an.

Foto: Grubinger

Wien – Raufen und das erste Sprießen von "Haaren am Lulu" vergleichen gehören ebenso zu jener Zeit wie der Frotteepyjama mit Comic-Aufdruck als Ausdruck des Unschuldigen, in das die "Buben" vor dem Schlafengehen zurückschlüpfen. Die Absurditäten der Adoleszenz und jenes Dazwischens hat der 1972 geborene Dejan Kaludjerovic treffend in Violet Strong Boy (2002) eingefangen: ein Bub, der, seinen Bizeps präsentierend, vor Kindertapete posiert.

Kaludjerovic ist ein wohltuendes Beispiel dafür, dass Themen des Geschlechts, des Körpers und der Identität längst nicht mehr allein durch Kunst von Frauen abgehandelt werden müssen. In Matrix. Geschlechter – Verhältnisse – Revisionen im Museum auf Abruf (Musa) hinterfragt Christoph Schmidberger in Jungbauernkalender-Optik den perfekten Fetischkörper, Lois Renner den Mythos des männlichen Künstlergenies, und Markus Schinwald konterkariert die militärische Stählung der Körper mit Schmuckfantasien.

Im spielerisch bunten Abriss der Kuratorinnen Sabine Mostegl und Gudrun Ratzinger fehlen aber auch explizit feministische Positionen der späten 60er- und 70er-Jahre nicht: Etwa Renate Bertl-manns als "Erinnerungen an meinen schönsten Tag" beschriftete Performance-Fotos, die eine mit Schnullern dekorierte, hochschwangere Wurfmesserbraut (1978) zeigen: Die sie durchbohrenden Phalli besiegelten das "typische Frauenschicksal" jener Zeit. Ein geradezu brachiales Statement, neben dem sich Valie Exports Genitalpanik, eine Ikone österreichischer Kunstgeschichte, geradezu zahm gebärdet.

In Margot Pilz’ senkrecht präsentierter Fotoserie Trotz dem zeigt eine – je nach Leserichtung – sich Raum nehmende oder Raum verlierende Frau: eine gelungene Zweideutigkeit. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD/Printausgabe, 21./22./23.03.2008)