Dies ist ein Eintrag, den ich lieber nicht veröffentlicht hätte, doch es gibt Grenzen dessen, was wir in unserem Leben kontrollieren können, und eine dieser Grenzen habe ich offensichtlich überschritten." So beginnt der letzte Eintrag im Internettagebuch von Andrew Olmsted (www.andrewolmsted.com). Die Grenze, die der US-Major überschritten hat, ist die zwischen Leben und Tod. Olmsted war einer der beiden US-Soldaten, die als Erste im Jahr 2008 im Irak getötet wurden, erschossen am 3. Jänner, nachdem sie in einen Hinterhalt geraten waren.

Den letzten Eintrag hat ein Freund für ihn platziert. Ein Testament im Internet. "Ich bin tot. Das ist zum Kotzen, zumindest für mich, meine Familie und Freunde. Aber alle Tränen bringen mich nicht zurück (...). Sie, der Sie das lesen, sind nicht tot, also nehmen Sie sich etwas Zeit, diesen glücklichen Umstand zu genießen", schreibt Olmsted. An anderer Stelle verbittet er sich, dass sein Tod politisch benutzt wird. "Wenn Sie finden, die USA sollten im Irak bleiben, dann behaupten Sie nicht, mein Tod zwinge uns irgendwie dazu. Wenn Sie glauben, wir müssten morgen abziehen, dann zitieren Sie mich nicht als Beispiel für jemanden, dessen Leben im Irak verschwendet wurde."

Olmsteds Blog ist bemerkenswert, nicht nur, weil er das Image der US-Armee als Ansammlung schießwütiger Analphabeten durchkreuzt. Im Februar 2007 schloss Olmsted seinen privaten Blog, weil er eine Direktive des Verteidigungsministeriums - nicht der Armee - über das politische Engagement von Soldaten verletzte. Aber seine Erfahrungen schilderte Olmsted weiter, auf der Internetseite der Zeitung Rocky Mountain News. Als Offizier, der irakische Soldaten ausbildete, schrieb er über die Furcht vor dem Tod aus dem Hinterhalt und über sein Leben unter Irakern. Obwohl der Soldat an der Entscheidung für den Krieg zweifelte, zweifelte er nicht an seiner Aufgabe, die Bevölkerung vor Terror zu schützen, zu helfen. Deshalb besorgten Olmsted und seine Kameraden zum muslimischen Pilgerfest Geschenke aus den USA, die sie an die Iraker weitergaben. "Bis man nicht gesehen hat, wie wenig diese Menschen haben, versteht man nicht, was Armut bedeutet", schrieb Olmsted. Tage später war er tot.

Sein posthum ins Netz gestellter Text endet mit einer Passage an seine Frau Amanda. "Nun muss sie ohne mich weitermachen, und wenn auch ein Zyniker sagen würde, sie sei damit besser dran, weiß ich, dass ich eine furchtbare Last auf sie gelegt habe." Mit den Worten "Ich liebe Dich" schließt der Blog von Major Andrew Olmsted. Es sind die letzten Worte in einem humorvollen, intelligenten, zu Tränen rührenden Text. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.3.2008)