Ja, sie sind jetzt berühmt. In einer Sonntagnacht vor wenigen Wochen luden sie das Video ihres Songs auf YouTube hoch: drei Paar Hände, die auf zwei iPhones und einem Nintendo DS Musik machen. Das Techblog Gizmodo brachte eine kleine Geschichte über das Video. Dann explodierten die Zugriffe - ehe die Woche um war, hörten und sahen über zwei Millionen Menschen aus aller Welt iBand auf YouTube musizieren. Über 13.000 gaben ihren Senf dazu, ein T-Shirt-Hersteller bot Fanartikel an. Die New York Times meldete sich per Mail für eine Geschichte, die Washington Post wollte ein Interview.

"Kunststudenten"

Nein, sie wollen nicht mit vollem Namen genannt, gar abgebildet werden. Marina, Seb und "Roger", der eigentlich ein Roland ist, und "Kunststudenten" müssen genügen im Gespräch mit dem Standard im Café Prückel in der Wiener Innenstadt. "Auch eine anonyme Art von Berühmtheit ist Berühmtheit", sagt Seb, "es ist angenehm, dass man nicht auf der Straße angesprochen wird."

Musik ist eigentlich ihr Hobby, nicht ihr Studium. Seit zehn Jahren musizieren sie gemeinsam. "Wir haben keinen Proberaum für ein volles Bandset gehabt, und im Wohnzimmer kann man das auch nicht wirklich aufbauen", erklärt Marina, was sie dazu brachte, mit dem iPhone zu musizieren.

Die Basis

Die Moo-Cow-Music-Software des englischen Java-Entwicklers Mark Terry waren dafür die Basis: Die kleinen Programme für gehackte iPhones und den verwandten iPod Touch geben dem Handy musikalische Fähigkeiten - als Klavier, als Gitarre, als Drummer, als Synthesizer.

Das Lied, das sie dann komponierten, entsprang einem quasi kunstpädagogischen Impuls: "Wir wollten Leuten, die ständig im Netz hängen, zeigen, dass man etwas ausprobieren und Positives tun kann." Heraus kam "Life Is Greater than the Internet" - in Anbetracht der Internetberühmtheit, die iBand damit erlangte, eine Art paradoxe Intervention.

In Wirklichkeit

Während auf dem iPhone Marina Klavier spielt und dazu singt, Seb Drums und "Roger" Gitarre und Bass spielt, sind die Rollen "in Wirklichkeit" etwas anders verteilt: "Meine Gitarre würde mir fehlen", sagt Marina über ihr Hauptinstrument. Seb ist zwar Drummer, aber "Roger" spielt mit Hackbrett ein für Popmusik eher untaugliches Instrument. "Mir kommt das iPhone entgegen", sagt er, denn während Hackbrett mit sonstigen Instrumenten praktisch nicht spielbar sei, könne er das Drumset am iPhone frei mit Klängen programmieren, und es hätte eine gewisse Ähnlichkeit zum Musizieren am Hackbrett.

"Man muss sich darauf einstellen", beschreibt Marina, "dass man mit Verzögerung spielt, weil der Ton immer ein wenig später als die Berührung kommt. Wir haben für das Stück sehr lange geübt", sagt sie, 20 bis 30 Stunden ist die gemeinsame Einschätzung. "Aber man kommt so rein, dass man wieder synchron spielt." Auch eine eigene Notierung hat "Roger" entwickelt, um mit der Tastenbelegung des Drumsets spielen zu können.

Zwei iPhones und einem Nintendo DS

Die erste Version wurde noch mit zwei iPhones und einem Nintendo DS aufgenommen, dann konnten sie sich noch einen iPod Touch dazu leisten und stellten eine verbesserte Version auf YouTube, den Soundtrack dazu als MP3-File auf ihre Website. Inzwischen haben fast drei Millionen Menschen "Life Is Greater than the Internet" gehört. Auch Apple ist möglicherweise aufmerksam geworden: "Interessanterweise gab es zehn Tage nach unserem Erfolg einen neuen Werbespot für den iPod Touch, wo sie die Geräte so auf einen Tisch gelegt haben wie wir in unserem Video. Und sogar die Holzfarbe darunter ist dieselbe", sagt Seb.

Und jetzt? An zwei neuen Liedern wird gearbeitet, auf ihrer Website wollen sie zu einem "Vitality Contest" - eine Art Talentewettbewerb - einladen. "Leute sollen Aktionen zeigen, bei denen sie besonders lebendig sind." Die Kunstpädagogen sind wieder am Werk. Die Ansprüche an den Über-Nacht-Erfolg sind noch bescheiden: "Es wäre schön, wenn ich den iPod Touch zurückzahlen könnte, den Seb und Roger vorfinanziert haben", sagt Marina.(Helmut Spudich/DER STANDARD, Printausgabe vom 22.3.2008)