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Aristoteles machte sich schon in der Antike Gedanken über politisches Leadership: Wer ist dafür am besten geeignet, und welche Herrschaftsform ist die ideale? Im Bild: Aristoteles-Statue der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.

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Geben sich die Abgeordneten zum Nationalrat in den Augen vieler Wählerinnen und Wähler oft unnahbar und vermitteln sie in TV-Übertragungen parlamentarischer Sitzungen oft nicht das glanzvolle Bild, das sich das Volk erwarten würde, so darf man ihnen eines nicht vorwerfen: dass sie nicht an der Qualität ihres Handelns interessiert wären.

Knapp zwei Drittel, nämlich 120 der 183 Abgeordneten, nahmen im November 2007 an einer Umfrage im Rahmen des Proseminars "Political Leadership - Qualifikation, Kompetenz und Leistung im Spiegel der Erwartungen der WählerInnen", geleitet von Moderatorin und Coach Regina M. Jankowitsch, teil.

In persönlichen Interviews gaben sie Studierenden der Politikwissenschaft an der Uni Wien Auskunft darüber, was ihrer Meinung nach Grundvoraussetzung für gute politische Arbeit ist. Rede und Antwort standen Mitglieder aller fünf Fraktionen: 49 SPÖ- und 40 ÖVP-Mandatare sowie 13 Abgeordnete der Grünen, 15 der FPÖ und drei des BZÖ.

Das Thema Fortbildung spielte für nahezu alle Befragten (98 Prozent) eine wichtige Rolle: Bis 2010 gaben die Mandatarinnen und Mandatare an, sich zu 76,7 Prozent fachlich weiterbilden zu wollen; 46,5 Prozent planten Maßnahmen zur Persönlichkeitsentwicklung, 40,8 Prozent sahen die Notwendigkeit, Managementtechniken zu erlernen bzw. sich dahingehend verbessern.

Berufliche Erfahrungen außerhalb der Politik gaben 85 Prozent als wichtigsten Aspekt für ihre Kompetenzen an; naturgemäß spielt das vor allem bei längerdienenden bzw. älteren Abgeordneten eine große Rolle. An zweiter Stelle folgt das Beherrschen von mindestens einer lebenden Fremdsprache.

Über die Erfahrung in dem betreffenden Praxisfeld hinaus sah die Mehrheit der teilnehmenden Parlamentarier eine abgeschlossene Berufsausbildung bzw. ein abgeschlossenes Studium als unumgänglich an. Reine Berufspolitikerinnen und -politiker werden demnach selbst bei den Betroffenen zumindest argwöhnisch beäugt.

Dennoch polarisierte die Frage nach einer künftig eigenen Berufsausbildung für Politiker: Die Hälfte lehnte diese Möglichkeit völlig ab, immerhin 28,3 Prozent - meist jüngere Abgeordnete - hielten diese Option jedoch für vielversprechend. Vier Zehntel sprachen sich für verpflichtende Fortbildungen aus, jedoch gaben 85 Prozent an, in den letzten zwölf Monaten eine oder mehrere Fortbildungsveranstaltungen aus Termingründen wieder abgesagt zu haben. Die Zeit reiche für Bildung generell kaum aus.

Wurzeln in der Antike

"Ganz sicher gibt es mehrere Faktoren, wie man die Qualität und Kompetenz in der Politik steigern könnte", ist Regina Jankowitsch überzeugt - Fortbildung sei nur einer davon, der aber "relativ leicht angegangen werden könnte".

Den Begriff des "Political Leadership", den Jankowitsch mit ihren Studierenden zu erörtern versuchte, definiert sie als "interdisziplinäres Konzept, das Teilaspekte der Philosophie, Psychologie, Managementlehre, Politik- und Kommunikationswissenschaft sowie der Ethik in sich verbindet".

Schon die antiken Philosophen zerbrachen sich demnach den Kopf darüber, wer wen auf welche Art führen sollte. Propagierte Platon etwa die Verschmelzung von Philosophie und Staatsmacht ("Philosophenkönige"), sprach z. B. sein Schüler Aristoteles von einer Verfassung, die idealerweise "den Nutzen aller ermöglicht", so Jankowitsch. (Bernhard Madlener/DER STANDARD Printausgabe, 22.-24.März 2008)