Ein aktuelles Urteil des deutschen Bundesgerichtshofs zeigt auf, dass Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater in Sanierungsmandaten gut beraten sind, bei der Abrechnung ihres laufenden Honorars die Risiken des Anfechtungsrechts zu berücksichtigen. Dieses dient dem Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung. Der im Konkurs (unzureichende) Befriedigungsfonds soll dadurch vergrößert werden, dass unbillige Leistungen innerhalb einer bestimmten Frist wieder der Konkursmasse zugeführt werden.

Einer der in der Praxis wichtigsten Anfechtungstatbestände ist die Anfechtung wegen Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit (§ 31 Abs 1 Z 2 KO). Weiß ein Gläubiger von der materiellen Insolvenz seines Schuldners und erlangt er in den sechs Monaten vor Konkurseröffnung für seine Forderung Sicherstellung oder Befriedigung, so kann diese vom späteren Masseverwalter angefochten werden. Der Gläubiger muss die erlangte Zahlung oder Sicherheit an die Konkursmasse herausgeben. Seine eigene Forderung ist eine bloße Konkursforderung, die nur quotenmäßig befriedigt wird.

Anfechtungsrechtlich privilegiert sind sogenannte Zug- um-Zug-Geschäfte, auch Bargeschäfte genannt. Bei diesen werden Leistung und Gegenleistung zwischen Schuldner und Gläubiger in einem engen zeitlichen Zusammenhang gegeneinander ausgetauscht. Die Idee dieses Privilegs ist, den materiell insolventen Schuldner nicht gänzlich vom Abschluss von Rechtsgeschäften auszuschließen, weil zumindest theoretisch der Befriedigungsfonds durch Zug-um-Zug-Geschäfte nicht geschmälert wird. Es kommt dabei lediglich zu einem Austausch von Vermögenswerten. Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten benötigen für die Sanierung in der Regel externe Berater wie Anwälte, Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater. Häufig sind sie zum Zeitpunkt der Beauftragung bereits (materiell) insolvent. Über der Bezahlung des Honorars schwebt daher das Damoklesschwert der Anfechtung.

Zug-um-Zug-Privileg

Die Praxis bedient sich des Zug-um-Zug-Privilegs und vereinbart mit dem Unternehmen kurze Abrechnungsintervalle oder Kostenvorschüsse für zukünftige Leistungen. Das Erbringen von Beratungsleistungen Zug um Zug ist – von Sonderfällen abgesehen – anfechtungsfest, sofern Beratung und Zahlung zeitlich eng bei einander liegen.

Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) (IX ZR 113/06 vom 6.12.2007) zieht nunmehr die zeitliche Grenze dafür, wann bei Beratungsleistungen noch ein derart enger zeitlicher Zusammenhang besteht, um diese noch als Bargeschäft zu qualifizieren. Im konkreten Fall hatte ein Rechtsanwalt für die Erarbeitung eines Sanierungsplanes das gesamte Honorar pauschal im Voraus verlangt. Sein Honorar wurde vom deutschen Insolvenzverwalter erfolgreich angefochten.

In der Begründung führt der BGH zunächst aus, dass auch Dienstleistungen eines Anwalts Bargeschäfte seien können. Allerdings sei bei länger währenden Vertragsbeziehungen für die Annahme eines Bargeschäfts zu verlangen, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich und gegenständlich teilbar und zeitnah ausgetauscht werden. Ein Bargeschäft sei daher zu verneinen, wenn zwischen dem Beginn der anwaltlichen Tätigkeit und der Erbringung einer Gegenleistung mehr als 30 Tage liegen. Jenem Teil des Vorschusses, der die wertäquivalente Vergütung für die nächsten 30 Tage überschreite, komme daher das Privileg eines Bargeschäfts nicht zugute. Es sei Sanierungsberatern möglich und zumutbar, in regelmäßigen Abständen Vorschüsse einzufordern, die in etwa dem Wert ihrer inzwischen entfalteten oder der in den nächsten 30 Tagen noch zu erbringenden Tätigkeiten entsprechen.

Auch in Österreich

Die deutsche Rechtsprechung kann – ungeachtet bestehender Besonderheiten – auf Österreich übertragen werden. Der OGH hat im Zusammenhang mit anderen wiederkehrenden Leistungen aus Dauerschuldverhältnissen (Mieten, Gehälter) den erforderlichen zeitlichen Zusammenhang unterschiedlich definiert. Für Beratungsleistungen hat der BGH nunmehr eine Richtmarke gesetzt.

Sanierungsberater tun daher gut daran, ihre Leistungen in kurzen Intervallen (maximal 30 Tagen) abzurechnen, sei es im Voraus oder im Nachhinein. Wichtig: Die genannten Zahlungsmodalitäten müssen entsprechend vereinbart werden, weil Werkleistungen nach dem Gesetz erst nach Erbringung des Werks fällig wären. Die fehlende Vereinbarung würde wieder andere Anfechtungsmöglichkeiten eröffnen. (Wolfgang Höller, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.03.2008)