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Vaclav Havel: "Eine Politik der Zugeständnisse führt schließlich immer zu größeren Verlusten als eine harte Haltung."

Foto: APA/EPA/Filip Singer
Prag - Die tschechischen Gegner des umstrittenen US-Raketenabwehrsystems in Osteuropa hat Ex-Präsident Vaclav Havel kritisiert. "Sie wollen eine Kleinigkeit und plötzlich machen wir Probleme", klagte Havel in einem Interview mit dem tschechischen Fernsehen. Es sei das "erste Mal, dass die Amerikaner etwas von uns wollen", prangerte er jene "Pazifisten" an, die sich gegen die Radaranlage südwestlich von Prag aussprechen.

Havel verwies darauf, dass die USA sich 1918 bei der Entstehung der Tschechoslowakei und Jahrzehnte später auch um den Fall des "eisernen Vorhangs" verdient gemacht hätten. Nun hätte Tschechien zum ersten Mal den "Fall, dass wir eine Chance haben, unserem Verbündeten ein bisschen entgegen zu kommen", betonte Havel. Die Bevölkerung der Tschechischen Republik lehnt das US-Radar zwar mehrheitlich ab. Die Verhandlungen mit den USA über die Stationierung des Radars dürften dennoch bald positiv abgeschlossen werden.

Ihn störe, sagte Havel, dass Tausende geschwiegen hätten, als sich Tausende sowjetische Panzer und 70.000 sowjetische Soldaten in der ehemaligen Tschechoslowakei bewegten. Dagegen sei keine einzige Stimme erklungen, spielte Havel auf die Ära der sogenannten "Normalisierung" an, die nach Niederschlagung des "Prager Frühlings" 1968 einsetzte. "Und plötzlich, da die Freiheit gekommen ist und man straffrei alles sagen kann, zögert man (mit einem Ja zum US-Radar, Anm.) und demonstriert damit unsere Souveränität", kritisierte Havel.

Vergleich mit 1938

Zudem setzte Havel das Wirken der "Pazifisten", die sich gegen den Radar engagieren, mit der nachgiebigen Politik vor dem Münchner Abkommen 1938 gleich. Das Resultat damals: Die Tschechoslowakei musste die sudetendeutschen Gebiete an Hitler-Deutschland abtreten. Eine Politik der Zugeständnisse führe schließlich immer zu größeren Verlusten als eine harte Haltung, verglich Havel indirekt jene gegenüber Hitler mit den Zugeständnissen an den Terrorismus heute.

Die geplante amerikanische Radaranlage ist in Tschechien sehr umstritten. Während die Mitte-Rechts-Regierung von Ministerpräsident Mirek Topolanek sie grundsätzlich befürwortet, sind die oppositionellen Sozialdemokraten und Kommunisten strikt dagegen. Mit ihnen lehnen 60 bis 65 Prozent der Tschechen die Errichtung der Anlage auf tschechischem Territorium ab.

Abkommen könnte am 5. Mai unterzeichnet werden

Nach Angaben der tschechischen Wirtschaftstageszeitung "Hospodarske noviny" (Dienstag-Ausgabe) könnte das entsprechende Übereinkommen zwischen USA und EU dennoch am 5. Mai unterzeichnet werden. An dem Tag findet in Prag eine NATO-Konferenz über Raketenabwehr statt, zu der auch US-Außenministerin Condoleezza Rice geladen ist. Auch der 28. April, wenn Außenminister Karl Schwarzenberg in Washington ist, wird als Unterzeichnungstermin nicht ausgeschlossen. Anders in Polen: Dort zeichnet sich keine rasche Einigung über die Stationierung von US-Abwehrraketen ab. (APA)