Wien - Die Regierung lässt einen Streit über die Vermögenszuwachssteuer gleich gar nicht aufkommen. Trotz semantischer Unterschiede in den Aussagen zeigten sich Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und Vizekanzler Wilhelm Molterer im Grundsatz einig. Zunächst müssen die Einsparungspotenziale im Gesundheitssystem gehoben werden, anschließend werde neues Geld nachgeschossen, sofern dies nötig sei.

Für Gusenbauer stellt sich diese Frage freilich nicht wirklich. Er geht fix davon aus, dass man die Einnahmen aus der Steuer benötigen werde. Mit einer entsprechenden Maßnahme werde eine entsprechende Steuerlücke geschlossen: "Wir wollen Neutralität schaffen". Genau wie bei einem Sparbuch Zinsen zu zahlen seien, werde dies auch bei Aktiengewinnen sein.

Ausnahmen

Bedenken einzelner Gruppen, dass diese nun große Verluste erleiden würden, bedachte der Kanzler zwar mit ein wenig Verständnis, meinte aber gleichzeitig: "Zu viel gefürchtet ist auch gestorben." Wie die Vermögenssteuer genau aussehen wird, konnte Gusenbauer nicht sagen. Er stellte aber klar, dass es selbstverständlich Ausnahmen geben werde, etwa wenn man seine Eigentumswohnung verkaufe, um sich eine neue zu kaufen. Auch bei landwirtschaftlichen Gütern, die seit Jahrhunderten in Besitz seien, werde sich wohl auch nicht mehr eruieren lassen, wie hoch der damalige Wert gewesen sei.

Automatisch das Geld zuführen will Gusenbauer den Krankenkassen dann aber auch nicht. Das wäre das falsche Signal: "Wir wollen die Freunde in den Krankenkassen nicht so einfach aus ihrer Pflicht entlassen."

Auf diesen Punkt wies auch Vizekanzler Molterer hin: "Wir wollen es unseren Partnern nicht ganz so leicht machen." Oberste Priorität habe daher die Ausschöpfung aller Effizienzpotenziale und eine Stärkung des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger als "lenkende Hand". Grundsätzlich sei mit neuen Steuern natürlich niemand glücklich, "in Erkennung der Realität" werde man aber eine Vermögenszuwachssteuer etablieren, wenn dies notwendig sei, um das Gesundheitssystem so perfekt zu halten, wie es derzeit sei.

Uneinigkeit

Am Montagabend herrschte zwischen SPÖ und ÖVP noch Uneinigkeit. Während Sozialminister Erwin Buchinger die Einführung einer Vermögenszuwachssteuer als beschlossene Sache betrachtet, kommen aus der ÖVP ganz andere Töne: ÖVP-Regierungskoordinator Josef Pröll sieht in der neuen Steuer nur eine Möglichkeit, falls andere Maßnahmen zur Konsolidierung des Gesundheitsbereichs nichts helfen.

Buchinger: Vermögenszuwachssteuer fix

Der Sozialminister bezeichnete in der Fernsehsendung "Report" des ORF die Vereinbarung der SPÖ mit der ÖVP über die Einführung einer Vermögenszuwachssteuer als "Sensation". Die Entlastung für die Kleinstbezieher werde durch den Wegfall des Arbeitslosenversicherungsbeitrags bis zu 430 Euro pro Person ausmachen, freut sich der SPÖ-Politiker .

Zur Pensionserhöhung, die mit November um zwei Monate vorgezogen wird, sagte Buchinger, Österreich könne sich das leisten. Über eine Erhöhung des Pensionsantrittsalters werde man "in zehn, 15 oder 20 Jahren diskutieren" können.

Buchinger sieht nach der Einigung der Koalition auf das Kompromisspaket zur Inflationsbekämpfung die Chancen auf ein Fortbestehen der Regierung bis 2010 "sicher deutlich gestiegen". Buchinger zur Koalitionskrise der letzten Wochen: "Es war an der Kippe".

Pröll: Vermögenszuwachssteuer wenn sonst nichts hilft

ÖVP-Regierungskoordinator Josef Pröll hat in der "ZIB 2" des ORF am Dienstag die Einführung der Vermögenszuwachssteuer dagegen ganz anders beurteilt: Auf die diesbezüglichen unterschiedliche Interpretation sagte Pröll, es sei das Signal gegeben worden, diese einzuführen, wenn alle anderen Effizienzschritte beim Gesundheitsbereich zu wenig seien. Eine Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge schloss Pröll aus. Dass die ÖVP damit trotz des Versprechens, keine neuen Steuern einzuführen, dies doch mache, beantwortete Pröll damit, das "das teil des Pakets ist, das wird mitgetragen, wenn es notwendig ist". (APA/red)