+++Pro Von Adelheid Wölfl Jetzt werden alle sagen, dass man sich exponiert, wenn man sich Farben auf die Haut schmiert und dass das ja jeglichen Ernstes entbehrt, wenn man so was tut. Aber dies ist ein typisches Argument eines Menschen aus den 80er-Jahren. Leuten, die sich nicht einmal trauen, ohne Schminke aus dem Haus zu gehen, hören wir nicht zu. Die sind zugepappt bis in die tiefsten Poren mit Cremes und Lippenstiften und Anti-Falten-Gels, lauter Anpassungsmaterial. Aber Spaß kennen sie keinen, zum Beispiel das Lustgefühl, jemandem mit silbernem Sonnenspray Astronauten auf den Rücken zu malen, im Sommer, in der Wiese. Oder mit blauer Sonnenmilch Babyrobben und mit schwarzer Sonnencreme Kohlen auf die Fußsohlen. Ganz viele Sonnenbrände konnten bereits - das bestätigten alle Wissenschafter - verhindert werden, weil die Leute eben lieber malen, als sich bloß einzucremen. Nun hoffen wir nur noch, dass sie aufhören, dauernd braun werden zu wollen, wenn sie die Chance haben, in der Sonne auch zu ergrünen und zu erblühen. ****** Contra--- Von Thomas Rottenberg Die Sache ist einfach nur ein Irrtum. Genauer: die Fortsetzung eines Irrtums. Denn wer hat nicht irgendwann selbst eine (Kinder-) Party mit einer mit Lebensmittelfarbe aufgemotzten Torte beglückt? Das hat zwar lustig ausgesehen, aber: Die Lust auf den Biss in den knalltürkisen Kuchen war dann meist doch eher aufgesetzt. Wirklich weit weg vom bunten Sonnenschutz ist die Farbtorte nicht: Kinder dürfen (als Bonus zur normalen Creme). Aber wer sonst "kreativ" schmiert, will meist ein appetitlich-ästhetisches Körper-Statement setzen. Und irrt. Denn Bräune ist ein Ideal von vorgestern (fragen Sie ruhig Ihren Hautarzt). Und: Bräune plus Knallfarben sind vergeben. An jene neonkapperltragenden Großraumdiscokinder, die sich "Krocha" nennen. Und vor allem: Wer bunt in Mustern schmiert, lernt schmerzhaft, dass die Creme-Kreation nur Vor-Werk ist. Dort, wo kein Muster war, färbt der Körper selbst. Rosa bis krebsrot. Das heißt dann "Sonnenbrandmalerei" - und wird der nächste Trend. Und zwar für echte Deppen. (Der Standard/rondo/28/03/2008)