Charleville-Mézières – Sie hießen Isabelle, Fabienne, Jeanne-Marie, Elisabeth, Natacha, Céline und Mananya. Sie waren jung und gingen dem "Ungeheuer der Ardennen" in die Falle. So nennt der Volksmund in Frankreich den heute 65-jährigen Michel Fourniret, gegen den am Donnerstag im nordfranzösischen Charleville-Mézières der Prozess wegen Vergewaltigung und Mord begann. Angeklagt ist auch seine Gattin und mutmaßliche Komplizin Monique Olivier. Im Saal saßen auch Angehörige der Opfer, 400 akkreditierte Journalisten konnten den Prozess zum Teil nur aus einem Nebenraum über Video verfolgen.

Michel Fourniret, der die Justiz seit der Verhaftung 2003 mit ständig neuen Angaben über vermeintliche oder wirkliche Opfer in Atem gehalten hatte, setzte sich zum Prozessauftakt erneut in Szene. In seinem Glaskäfig präsentierte er einen Zettel mit der Aufschrift: "Ohne Ausschluss der Öffentlichkeit Mund verschlossen." Dazu ließ er dem Gerichtspräsidenten eine Papierrolle überreichen und meinte, er führe darin aus, warum er den Prozess "boykottiere". Der Richter lächelte nur und meinte mit Verweis auf das Band um die Rolle, das sei aber "hübsch gemacht".

Ein Anwalt der Opfer erklärte: "Er wird am Schluss schon noch sprechen, denn er will immer recht haben." Völlig passiv gab sich hingegen die 59-jährige Olivier, die von ihrem Verteidiger als Opfer ihres sadistischen Gatten hingestellt wird. Doch laut Anklage soll sie zumindest bei einer Ermordung persönlich Hand angelegt und bei vier Entführungen mitgewirkt haben.

Das Paar hatte sich 1986 kennengelernt, nachdem Fourniret aus dem Gefängnis, wo er bereits wegen einer Vergewaltigung einsaß, ein Kontaktinserat in der christlichen Zeitschrift Le Pèlerin aufgegeben hatte. Olivier wartete bei seiner Freilassung auf ihn und schloss dann laut Anklageschrift einen "Teufelspakt": Sie habe ihm geholfen, "Jungfrauen zu fangen", er habe versprochen, ihren ersten Gatten umzubringen.

Acht Fälle gestanden

Letzteres geschah nie, doch Olivier soll ihrem Mann schon 1987 ein erstes Mädchen "geliefert" haben. Im Burgund wartete sie der 17-jährigen Isabelle Laville am Schulausgang auf und nahm sie im Auto mit. Später stieg Fourniret zu, auch wenn er so tat, als kenne er die Fahrerin nicht. Dann soll er die Schülerin mit einer Schnur gewürgt, später vergewaltigt und schließlich ermordet haben. Erst 19 Jahre später wurde ihr Skelett nach Angaben des geständigen Fournirets in einem Brunnen gefunden.

Ähnlich soll das Paar bis 2003 in sechs weiteren Fällen vorgegangen sein. Dann gelang aber der 13-jährigen Marie-Asuncion die Flucht aus dem Lieferwagen. Endlich verhaftete die Polizei den Industriezeichner, der mit Oliver ein weiteres seiner insgesamt fünf Kinder gezeugt hatte. Seither hat Fourniret acht Entführungen, seine Gattin elf gestanden.

Psychiater schildern den mutmaßlichen Serienmörder als "narzisstisch und manipulierend pervers". Er handle nicht aus Vergnügen am Töten, sondern am Angstmachen und Erniedrigen. Was die sieben Opfer in Fournirets "Horror-Schloss" durchgemacht haben müssen, lässt sich nur erahnen. In zwei Monaten sollen die Urteile fallen. (Stefan Brändle, DER STANDARD - Printausgabe, 28. Februar 2008)