Deutschland: Auch Berliner Fiskus greift zu

Spekulationsfrist fällt, Gewinne werden voll versteuert: "So retten Sie Ihr Geld vor dem Fiskus! Wie Sie jetzt das Finanzamt ganz legal austricksen!" Mit eindringlichen Appellen werben Anlage- und Finanzberater in Deutschland derzeit um Kunden. Denn ab 2009 tritt in Deutschland die Abgeltungssteuer in Kraft - jene neue Steuer, die der neuen österreichischen Vermögenszuwachssteuer ähnelt.

Dann werden Kapitalerträge wie Zinsen und Dividenden sowie Gewinne aus dem Verkauf privater Kapitalanlagen, die über dem Sparerfreibetrag von 801 Euro liegen, mit einem einheitlichen Satz von 25 Prozent besteuert und unterliegen nicht mehr wie bei der derzeitigen Kapitalertragssteuer der individuellen Einkommensteuer. Günstig ist die Abgeltungssteuer somit also für Personen, deren persönlicher Einkommensteuersatz derzeit zwischen 25 Prozent und dem Spitzensteuersatz von 42 Prozent liegt. Wer unter 25 Prozent liegt, kann künftig vom Veranlagungswahlrecht Gebrauch machen und die Erträge weiterhin mit seinem niedrigeren persönlichen Satz versteuern.

Mit der Abgeltungssteuer will Berlin Kapitalflucht ins Ausland stoppen. "Reiche" sollen ihr Geld in Deutschland lassen, wenn sie für die Erträge weniger Steuern zahlen müssen. Der Chef der Steuergewerkschaft Dieter Ondracek meint allerdings: "Wir stellen fest, dass wegen der Abgeltungssteuer mehr Geld ins Ausland fließt. Das hat wohl den Hintergrund, die Anlagen weiter zu verstecken." Denn das Kreditinstitut, bei dem die Wertpapiere gehalten werden, ist verpflichtet, den Steuerabzug vorzunehmen und die Steuer direkt ans Finanzamt abzuführen.

Und es gibt weitere Neuerungen, die Anlegern nicht gefallen. Das von der rot-grünen Bundesregierung eingeführte Halbeinkünfteverfahren (HEV) wird abgeschafft. Zinsen und Dividenden sowie Spekulationsgewinne müssen wieder vollständig versteuert werden - und nicht wie bisher nur zur Hälfte. Außerdem fällt die zwölfmonatige Spekulationsfrist. Auch wer Aktien erst nach einem Jahr wieder verkauft, muss Gewinne versteuern.

Steuersenkung in Großbritannien

Während in Österreich die Einführung der Capital Gains Tax diskutiert wird, sinken die Steuersätze dieser Abgabe in Großbritannien. Von bis zu 40 Prozent auf einheitlich 18 Prozent für alle Einkommensgruppen gedrückt wurde der Steuersatz für Gewinne aus dem Verkauf von Zweitwohnungen oder privaten Aktien. Der Freibetrag macht ab 2009 umgerechnet 12.290 Euro aus, derzeit liegt er bei 11.780 Euro.

Anders als noch im Oktober angekündigt, beließ es der Finanzminister im jüngst vorgelegten Haushalt beim vor fünf Jahren eingeführten Steuersatz von zehn Prozent für Wagniskapitalgeber. Dies betrifft laut Schatzkanzleramt rund 90 Prozent der jungen Start-up-Betriebe. Hingegen müssen etablierte Unternehmer der Private-Equity-Branche in Zukunft 18 Prozent auf ihre Gewinne entrichten. Bisher zahlten auch sie trotz geringen Risikos nur zehn Prozent und damit einem PE-Unternehmer zufolge "weniger als eine Putzfrau".

Mäßiger Zugriff des Fiskus in Italien

In Italien wurde die Kapitalgewinnsteuer vor rund zehn Jahren eingeführt. Sie macht 12,5 Prozent bei Kursgewinnen von Aktien, Investmentfonds und Obligationen mit einer Laufzeit von über 18 Monaten aus. Bei festverzinslichen Anlagen mit einer Laufzeit bis zu 18 Monaten beträgt sie 27 Prozent.

Die Steuer stand bereits des Öfteren im Mittelpunkt der politischen Diskussion. Vor den letzten Parlamentswahlen 2006 hatte die Mitte-links-Koalition des späteren Regierungschefs Romano Prodi für eine Erhöhung der Kapitalgewinnsteuer auf mindestens 20 Prozent plädiert. Die Steuerrevision wurde jedoch ad acta gelegt. In den letzten Monaten ist es aber um die Kapitalertragsteuer still geworden. Weder die größte Linkspartei, Partito Democratico (PD), spricht von deren Erhöhung, noch besteht das Mitte-rechts-Lager (PDL) auf deren Abschaffung. Ein Banker meinte, dass die Steuer ein Grund für die hohe Steuerflucht sei.

Paris: Hohe Steuer, hohe Freibeträge

Auch in Frankreich müssen Kursgewinne von Aktienveranlagungen besteuert werden, und das weit stärker, als in Österreich in Diskussion. Neben dem 27-prozentigen Steuersatz auf die realisierten Profite fallen auch noch Sozialabgaben an. Eine Besonderheit weist die französische Regelung in puncto Behaltefrist auf, nach dem Motto: Je länger man investiert war, desto geringer fällt die Steuer aus. Konkret sinkt die Besteuerung nach einer Behaltefrist von fünf Jahren um jährlich ein Drittel. Ebenfalls eine Begünstigung gibt es für Kleinaktionäre: Unter einem Veräußerungserlös von 20.000 Euro im Jahr muss kein Obolus an den Staat geleistet werden.

Auch bei Immobilienverkäufen behält der französische Fiskus seinen Teil ein. Die Gewinne müssen Private in die Einkommensteuererklärung nehmen, allerdings sinkt die Steuerlast nach dreijähriger Behaltefrist leicht. Einen Freibetrag gibt es auch: Er beträgt 6000 Euro.