New York - Für den Mord an dem früheren libanesischen Regierungschef Rafik Hariri im Februar 2005 in Beirut ist nach Erkenntnissen der zuständigen UNO-Untersuchungskommission ein "kriminelles Netzwerk" verantwortlich. Chefermittler Daniel Bellemare erklärte am Freitag vor dem Weltsicherheitsrat, ein "Netzwerk aus Einzelpersonen" habe Hariri getötet. In dem zehnten Bericht der UNO-Kommission ist von Hinweisen die Rede, wonach dieses "Hariri-Netzwerk" bereits vor dem Attentat in Beirut bestand. Dieses "Netzwerk" oder zumindest ein Teil davon sei auch für weitere Morde im Libanon seit 2004 verantwortlich.

Ob der Hinweis auf ein "kriminelles Netzwerk" die These von syrischen Funktionären als Drahtziehern stützt oder nicht, macht der Bericht nicht deutlich. Zu Syrien heißt es nur allgemein, die Zusammenarbeit mit den dortigen Behörden sei weiterhin "grundsätzlich zufriedenstellend". Für den Tod Hariris wird vielfach Syrien verantwortlich gemacht, das die pro-syrische schiitische Hisbollah-Bewegung im Libanon unterstützt. Syrien, ehemals Ordnungsmacht im Libanon, bestreitet die Vorwürfe und hat sich - auf Druck aus dem Westen und dem Libanon selbst - nach dem Attentat aus dem Nachbarland zurückgezogen.

Resolution

Der UNO-Sicherheitsrat hatte die Untersuchung der Ermordung Hariris mit der Resolution 1757 im Mai vergangenen Jahres beschlossen. Die Kommission des ehemaligen kanadischen Staatsanwalts Bellemare unterstützt die libanesischen Behörden auch bei der Untersuchung von 20 weiteren Terroranschlägen im Libanon, bei denen dem Kanadier zufolge 61 Menschen getötet und rund 500 weitere verletzt wurden. Elf Attentate waren laut Bericht gezielte Anschläge auf Politiker, Journalisten oder Sicherheitsbeamte, die anderen seien ohne festes Ziel erfolgt. Im Berichtszeitraum seit Ende November 2007 habe sich die Sicherheitslage im Libanon verschlechtert, heißt es in dem Report.

Im Wortlaut heißt es dort: "Die Kommission hat Beweise gesammelt, die zeigen, dass (1.) das Hariri-Netzwerk vor dem Anschlag auf Hariri bestand; (2.) es Rafik Hariri vor dem Anschlag unter Beobachtung stellte; (3.) es am Tag des Anschlags tätig war; und (4.) mindestens ein Teil des Netzwerks nach dem Anschlag weiterhin bestand und handelte." Priorität bei der Untersuchung habe jetzt die Frage nach der Größe des Netzwerks, der Identität der Mitglieder und den Verbindungen zu anderen Attentaten.

Der UNO-Sicherheitsrat sieht auch bei der Einrichtung des entsprechenden UNO-Sondertribunals Fortschritte. Laut dem derzeitigen Sicherheitsratsvorsitzenden, Russlands UNO-Botschafter Witali Tschurkin, nahm das Gremium am Donnerstag einen entsprechenden Bericht des UNO-Rechtsberaters Nicolas Michel mit Befriedigung entgegen. Aus Diplomatenkreisen hieß es, alle Richter des Tribunals in Den Haag seien nominiert, ihre Namen würden aus Sicherheitsgründen jedoch nicht preisgegeben. Ein Termin für den Beginn des Hariri-Sondergerichts steht noch nicht fest. (APA/dpa/AP)