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Foto: APA/dpa/Kai-Uwe Knoth
Boston - Durchaus möglich, dass sich eine plausible Annahme der Kardiologen im Endeffekt als nicht stichhaltig herausstellt - wie immer wieder in der Medizin. In einer vom "New England Journal of Medicine" online publizierten Studie bei Patienten mit genetisch bedingt sehr hohen Cholesterinwerten im Blut zeigte eine stärkere Senkung der Blutfettwerte keine signifikanten Auswirkungen auf den Zustand der Arterien.

Wissenschaftliche Devise

"Runter mit dem Cholesterin!", heißt - in Sachen Herzinfarkt längst wissenschaftliche bewiesen - die Devise der Herzspezialisten seit Jahren. "Je höher das kardiolae Risiko ist, desto niedriger sollte der LDL-Wert ("böses Cholesterin", Anm.) sein. Bei Patienten mit hohem Risiko bedeutet das einen LDL-Cholesterin-Zielwet von maximal 100 Milligramm pro Deziliter, bei Patienten mit sehr hohem Risiko einen LDL-Cholesterin-Zielwert von maximal 70 Milligramm pro Deziliter", sagte im vergangenen November Bernd Eber, Vorstand der Abteilung für Innere Medizin für die Österreichische Atherosklerose-Gesellschaft.

Besser für die Arterien

Je niedriger der LDL-Spiegel, desto besser sollte das für die Arterien sein. Mit den seit Jahren verwendeten Statin-Substanzen lässt sich der Cholesterinspiegel zwar gut senken. Allerdings ist der Effekt dieser Medikamente in vielen Fällen nicht so stark, dass die Zielwerte auch wirklich erreicht werden. Eine Alternative bietet die Kombination mit dem Wirkstoff Ezetimib. Er hemmt die Wiederaufnahme des Cholesterins aus dem Darm und führt zu einer Verdoppelung bis Vervierfachung des der Wirkung der Statine.

Genau diese Strategie verfolgte eine internationale Wissenschaftergruppe unter John Kastelein von der Universitätsklinik in Amsterdam: 720 Patienten mit familiär, also genetisch bedingter Hypercholesterinämie und Ausgangswerten von 400 Milligramm Gesamtcholesterin (knapp unter 320 Milligramm LDL-Cholesterin) wurden in zwei Gruppen geteilt.

Kein signifikanter Unterschied

Eine Hälfte erhielt 80 Milligramm des Statins Simvastatin, die andere Hälfte erhielt zusätzlich noch zehn Milligramm Ezetimib, das die Wirkung von Simvastatin ja vervielfachen sollte. Am Anfang der Studie und nach zwei Jahren wurde bei den Probanden der Zustand der Halsschlagadern und der Beinschlagadern per Ultraschall gemessen. Bei Gefäßverkalkung infolge hoher Cholesterinspiegel verdickt sich die Außenwand dieser Blutgefäße. Plausibel wäre, dass mehr Cholesterinsenkung auch die Dicke der Gefäßwand zumindest stabil lassen würde, wenn es nicht gar zu einem Rückgang kommen sollte.

Doch genau das trat nicht ein. Zwischen den beiden Gruppen gab es nach zwei Jahren keinen signifikanten Unterschied im Zustand der Arterien. Auf der anderen Seite aber zeigte sich ein hoch signifikanter Unterschied bei den LDL-Konzentrationen. Jene Probanden, die 80 Milligramm Simvastatin eingenommen hatten, wiesen einen LDL-Wert von 193 Milligramm pro Deziliter Blut auf. Das war immerhin eine Halbierung gegenüber dem Ausgangswert. Die Kombination von 80 Milligramm des Statins mit Ezetimib hingegen brachte die Probanden durchschnittlich auf einen LDL-Wert von 141 Milligramm pro Deziliter herunter. Auch andere Blutwerte, welche Risikofaktoren für Arterienerkrankungen darstellen, wurden unter der Kombinationstherapie normalisiert. Nicht merkbar "gesünder" Doch wirklich merkbar "gesünder" wurden die Patienten dadurch offenbar nicht: Es kam zu keinen merkbaren Veränderungen je nachdem, ob nun die erzielte Cholesterinsenkung stärker oder schwächer war, heißt es in er Zusammenfassung der Studie. Offenbar ist weiterhin nicht alles in der Medizin so einfach, wie es sich die Experten plausibel vorstellen. (APA)