Wien/Peking – „Wir sind so erschöpft, weil wir versuchen, die Olympia-Taschen rechtzeitig fertigzubekommen“, berichtet die Arbeiterin der chinesischen Fabrik Eagle Leather Products. „Wir arbeiten alle bis spätabends. Und am nächsten Tag sind wir trotzdem um 7.30 Uhr wieder bei der Arbeit. Was ist das denn für ein Leben? Zur Hölle mit den Olympia-Sachen.“ Der Lohn für diese Schufterei? Umgerechnet 2,40 Euro. Pro Tag. „Das ist auch in China zu wenig, um ein menschenwürdiges Leben führen zu können“, ergänzt Michaela Königshofer, Koordinatorin der österreichischen Clean-Clothes-Kampagne.

Auch bei der EURO 2008 „erwarten sich Sportartikelhersteller massive Gewinne“, so Königshofer – doch davon würden die Arbeiterinnen, die weltweit Sport- oder Merchandising-Artikel herstellen, kaum etwas sehen. Wie der Arbeiterin in China ergehe es auch „den Arbeiterinnen der aufstrebenden Fußballindustrie in Jalandhar, Indien, oder den Näherinnen von T-Shirts in Bangladesch“.

Wenn beispielsweise in unseren Breiten ein Turnschuh um rund 100 Euro gekauft wird, gehen gerade einmal 40 Cent an die Arbeiter im Produktionsland, berichtet die ehemalige Schwimm-Europameisterin Vera Lischka. „Gearbeitet wird meist in desolaten Fabriken, in denen es regelmäßig zu Verletzungen und Todesfällen kommt.“

Lischka unterstützt die „Play Fair 2008“-Kampagne, die am Dienstag von Clean Clothes gemeinsam mit der Volkshilfe Österreich und dem ÖGB gestartet wurde. Für den Play-Fair-Report wurden vier Fabriken in China untersucht. Das Ergebnis: „50 Prozent der Arbeiterinnen bekommen weniger Lohn als vorgeschrieben, sind zum Teil unter zwölf Jahre alt und werden dazu gezwungen, Zwölfstundenschichten sieben Tage die Woche zu arbeiten. Unter unsicheren und gesundheitsschädlichen Bedingungen.“

Ist es sonst bei Textilien zumindest möglich, fair produzierte und gehandelte Produkte zu kaufen, so tut sich der Konsument bei Sportartikeln besonders schwer: „100 Prozent faire Sportartikel gibt es kaum“, ist die ernüchternde Bilanz von Michaela Königshofer. Daher fordert Play Fair unter anderem das Internationale und die nationalen Olympischen Komitees auf, dass Gastgeberländer Kernarbeitsnormen garantieren müssen und dass von Lizenz- und Sponsorpartnern faire und entsprechend überwachte Arbeitsbedingungen eingefordert werden. (Roman David-Freihsl/DER STANDARD, Printausgabe, 2.4.2008)