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AP/Markus Leodolter

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Der ehemalige Gutsverwalter Heinz Boxan (erstes Bild) brachte Ex-Chefin Andrea Herberstein, ihren Sohn Max (letztes Bild) und sich selbst vor das Grazer Straflandesgericht.

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Graz – Sie war schon auf vielen Bühnen, stets trittsicher und strahlend, ein Darling der Gesellschaft, deren Nähe nicht nur die lokale Politik suchte. Dieser Auftritt in diesem große Saal in der Grazer Hötzendorfstraße, zu dem man nur durch eine Sicherheitsschleuse gelangen kann, lag aber nicht unbedingt in ihrer Lebensplanung. Am Donnerstag zum Auftakt ihres Prozesses im Grazer Landesgericht wirkte sie unsicher: "Wo muss ich hin? Darf ich da ...?"Mit verhaltener Stimme gab sie Richterin Elisabeth Juschitz Antwort auf die Frage der Personalia: "Andrea Herberstein, Puchberg 8" – die Adresse von Schloss Herberstein.

Andrea Herberstein, optisch zurückhaltend im schlichten dunklen Kostüm und weißer Bluse, wollte so scheinen, wie sie wenig später Verteidiger Peter Bartl beschrieben haben will: "Sie ist keine sagenumwobene Luxusgestalt, da ist ein Mensch dahinter." Auch die Kinder, vor allem auch der mitangeklagte Sohn Max, seien keine Champagner trinkenden verwöhnten Adelige. Bartl malte in Pastell und entwarf das Bild einer fleißigen, aufopfernden Andrea Herberstein, die mit 20 in ein heruntergekommenes Schloss geraten war.

An der Seite des alkoholkranken Mannes habe sie den Tierpark samt Anwesenwieder aufgerichtetundfür die Region rund 90 Arbeitsplätze geschaffen – mithilfe der Politik. Staatsanwalt Johannes Winklhofer konfrontierte das Gericht zum Auftakt dieses "Herberstein-Prozesses", der nur wenig Publikumsinteresse hervorrief, mit einem ganz anderen, scharf konturierten Sittengemälde. Andrea Herberstein habe in betrügerischer Absicht Abgaben hinterzogen, eine Schwarzgeldbuchhaltung zu verantworten, sie habe Rechnungen für private Bauleistungen "zu Täuschungszwecken" auf den Tierpark umgeschrieben und dafür Förderungen des Landes kassiert.

Ab 1997 sei der Tierpark "nicht mehr zahlungsfähig gewesen" – wegen eines "übermäßigen Investitionsprogramms und hoher Privatentnahmen". Das Land Steiermark habe ohne Verpflichtung Geld hineingesteckt, um die Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Selbst Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) habe 2005 nochmals eine Überbrückungshilfe veranlasst, was die Staatsanwaltschaft zu einer Ausdehnung der Anklage um weitere 435.000 Euro provozierte.

Hier sei auch Sohn Max verantwortlich, da er auf dem Papier Geschäftsführer war. Auch wenn er in London als Investmentbanker tätigwar, hätte er sich um den Betrieb kümmern müssen, argumentierte Winklhofer. Der Kridavorwurf bringt Verteidiger Bartl in Rage. Zum einen verfüge das Haus Herberstein über beträchtliche Reichtümer, eine Zahlungsunfähigkeit daher lächerlich.

Powerpoint-Plädoyer

Die Landespolitik habe ja den Ausbau des Tierparkes gewollt. Bartl legte per Powerpoint-Präsentation eine Reihe von entsprechenden Regierungs- und Landtagsbeschlüssen vor. Herberstein sollte zum touristischen Leitbetrieb ausgebaut werden. Herberstein habe über Kredite vorfinanziert, das Land sich aber mit den Zahlungen Zeit gelassen.

Auch Winklhofer nutzte sein Eingangsstatement,gewesen, sie sei 2005 im "epochalen Wahlkampf" zwischen die Fronten geraten, als die SPÖ die 60 Jahre währende ÖVP-Ära beendet habe. Und da habe auch Bawag-Gerichtsgutachter Fritz Kleiner, auf dessen Expertise sich die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage bezieht, eine zentrale Rolle gespielt. Kleiner habe für die SPÖ im Wahlkampf ein Gutachten über Herberstein verfasst und damit SPÖ-Wahlkampfmaterial geliefert. Herberstein sei ein Stolperstein für die ehemalige ÖVP-Landeshauptfrau Waltraud Klasnic gewesen, sagte Bartl. Kleiner sei parteiisch und habe sich auch noch im Vorfeld des Prozesses medial abschätzig über Herberstein geäußert.

Ins Spiel kam im Wahljahr 2005 noch eine weitere Zentralfigur des Prozesses, der ehemalige Gutsverwalter Heinz Boxan. Mit Ex-VP-Landesrat Gerhard Hirschmann, der gegen Klasnic mit eigener Liste kandidierte, habe Boxan "aus Rache" die Causa medial ins Rollen gebracht, behauptet Bartl. Heute, Freitag, kommt Andrea Herberstein zu Wort. (Walter Müller, DER STANDARD Printausgabe 4.4.2008)