Ansichtssache
Gerichtszeichnungen von Oliver Schopf

Gerichtszeichnung: Oliver Schopf
Wien - Am 89. Tag des Bawag-Prozesses zeigte Helmut Elsner, nach der Präsentation des fünften Teilgutachtens von Bilanz-Sachverständigem Thomas Keppert, schlechte Laune. Er präsentierte sich einmal mehr als Opfer der Politik.

Zuvor hatte Keppert ergänzende Details zum Wert der Bawag und damit zur Werthaltigkeit der ÖGB-Garantien für die Karibik-Forderungen erhoben. An seinen Folgerungen änderte das allerdings nichts: Die Bawag-Bilanzen 1998 bis inklusive Eröffnungsbilanz 2003 seien falsch.

Freilich wird Keppert noch einmal kommen müssen, der Verteidiger von Ex-Buchprüfer (KPMG) Robert Reiter will ergänzende Fragen stellen, muss dazu aber das Gutachten (Teile davon wurden erst am Dienstag gereicht) fertigstudieren. Die folgende Diskussion rund um Verzögerung oder Nicht-Verzögerung des Prozesses ließ Richterin Claudia Bandion-Ortner ungeduldig werden, sie habe genug "von der Jammerei".

Anderkonten

Elsners Unmut entstand, nachdem Keppert rund um die CAP Holding (Casino Jericho; hatte 50 Mio. Euro Schulden bei der Bawag) Geldflüsse nachgezeichnet hatte, die dem Gutachter nicht ganz nachvollziehbar erscheinen. Es geht um "Anderkonten" (Konto, auf dem fremde Gelder treuhänderisch verwaltet werden; Anwälte brauchen so etwas zum Beispiel) von Norbert Steger, der Verwaltungsrat der CAP war und eine Zeitlang als Treuhänder der MS Privatstiftung rund um Martin Schlaff auftrat.

Keppert erwähnt in seinem Gutachten einen Kreditantrag ("Kreditnehmer: Dr. Steger, Montel, Anderkonto") auf 1,7 Mio Dollar, für den die CAP garantierte; das Geld diente "Kosten, die anlässlich der Casino-Lizenz fällig wurden". Laut Antrag von Juni 1997 sollen "diese Zahlungen nicht über die Konten der CAP Holding laufen". Den Grund dafür konnte das Gericht bei den Angeklagten nicht eruieren.

Auch andere Zahlungsflüsse rund um CAP und Anderkonten Stegers blieben im Dunkeln. Keppert rechnete vor, dass rund um CAP und die betreffenden Konten zwischen 2000 und 2004 Barauszahlungen und "Commissions" von zusammen 1,3 Mio. Dollar an diverse Empfänger flossen.

"Das war eine Bawag-Entscheidung"

Wie und ob das mit dem Casino (man hoffte lange auf seine Wiedereröffnung) zusammenhängt, konnten die Angeklagten nicht erhellen. Elsner zur Richterin: "Fragen Sie Herrn Doktor Steger". DER STANDARD tat es, Steger beruft sich auf seine Verschwiegenheitspflicht. "Das ist ein Anderkonto, das nicht mir gehört. Was immer auf den Konten geschah, beruhte auf einstimmigen Organbeschlüssen der CAP". "Und", so Steger, "ich verstehe nicht, was das ein Strafgericht angeht. Jeder weiß, dass das Problem der Bawag bei der CAP nur darin bestand, dass sie ihre Anteile aufgewertet, aber nicht mehr abgewertet hat. Und das war eine Bawag-Entscheidung."

Dass in der Bank für all das kaum Unterlagen zu finden waren, konnte sich Elsner "nicht erklären; so eine Schlamperei hat es unter uns nicht gegeben". Was folgte, war ein Affront gegen seinen Nach-Nachfolger: "Ich habe den starken Verdacht, dass in der Ära Nowotny Unterlagen 'verloren' gegangen sind." Wolfgang Brandstetter (Bawag-Anwalt) habe ihm damals erzählt, in der Bank gehe es "drunter und drüber", aus der Bank habe er gehört, "Gusenbauer führt die Bank, er will die Wahl gewinnen". Was Brandstetter dazu sagt: "Ich war mit Elsner bis Februar 2006 in Kontakt, dann zeigte sich, dass ich ihn aufgrund meiner Rolle in der Bawag nicht vertreten kann. Ich habe ihm unter anderem Anwalt Schubert empfohlen. Elsners Weltverschwörungstheorien kann ich nicht kommentieren." (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.4.2008)