Der weitläufige, einstöckige Gebäudekomplex steht Mitten im Industriegebiet des dritten Wiener Gemeindebezirks. Eine unwirtliche Ecke im Südosten Wiens, nahe dem Arsenal, wo sich selten Spaziergänger hinverirren. Manchen Anwohnern wird das Haus mit der rosa Fassade und dem Backsteinanbau dennoch bekannt sein: auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich ein großer Hofer. Andere werden vielleicht schon einmal in dem gekachelten Raum in einem Häuserteil im Innenhof des Komplexes gesessen sein. Dort wo seit beinahe hundert Jahren die Mitarbeiter der Magistratsabteilung 15 (MA 15) Menschen von Ungeziefer befreien. Zwischen 6.000 und 8.000 Wiener lassen sich hier jährlich desinfizieren. Auch heute herrscht reges Treiben. Der Warteraum ist so voll, dass einige trotz Regen im Hof warten.

Erste Hilfe

In den kommenden Monaten werden die Mitarbeiter der Desinfektionsstelle aber andere Sorgen haben, als Kindern oder manchmal auch Obdachlosen Läuse aus den Haaren zu kämmen: Wenn am 8. Juni im Ernst-Happel-Stadion das erste Spiel der Fußball-EM in Wien angepfiffen wird, beginnt für die Mitarbeiter von Andreas Flaschner, Leiter der Wiener Desinfektionsanstalt eine anstrengende Zeit. Die 14 Männer und eine Frau, deren Arbeitsalltag üblicherweise aus Totenbeschau, Patienten- und Gebäudedekontamination und Desinfektion besteht, werden in den drei Wochen der EURO 2008 als mobile Dekontaminierungseinheiten unterwegs sein. Ihre Aufgabe ist es, bei besonderen Vorkommnissen Erstdekontaminierung vorzunehmen.

Schnelle, kleine Einheiten

Seit Wochen bereitet sich Flaschners Team vor: „Wir verwenden aufblasbare Zelte, die man zu fünft innerhalb kurzer Zeit aufstellen kann“, sagt der 42-jährige Wiener. Aber auch das will geübt sein, denn dabei kommt es auf die optimale Positionierung an, die Distanz zum Hydranten, die Berücksichtigung des Geländes. Derzeit wird an dienstfreien Tagen trainiert. „Wir sind eine kleine Einheit, die schnell agieren kann“, sagt Flaschner, der seit 1992 Dienststellenleiter ist. Zusätzlich muss der Betrieb der Desinfektionsstelle regulär weiter laufen – es werden weiterhin Köpfe entlaust, Tote beschaut und Räume desinfiziert.(09.04.2008, bock, derStandard.at)