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Ein Blick ins Wörthersee-Stadion.

Foto: APA/ Gindl
Klagenfurt/Wien - Deutschland - Polen, Deutschland - Kroatien und Polen - Kroatien: Bei solchen Spielpaarungen stocken die Herzen der für die Sicherheit Verantwortlichen. Erst recht, wenn die drei Hochrisikospiele in einer 90.000-Einwohnerstadt wie Klagenfurt am Wörthersee, der Hauptstadt Kärntens, stattfinden. Wie sehr Exekutive und Organisatoren "schwitzen", zeigt der Umstand, dass erst am vergangenen Dienstag das EURO-Sicherheitsbudget um rund 1,2 Millionen Euro erhöht worden ist. Gelten doch sowohl Teile der polnischen als auch der kroatischen Fans als solche der B- und C-Kategorie. Heißt in der Polizeisprache: gewaltbereit (B) und gewaltsuchend (C). Und dazu sind alle drei Länder in Autofahrdistanz.

"Für uns sind das Hochsicherheitsspiele. Wir gehen davon aus, dass bis zu 150.000 Fans kommen werden", erklärt der regionale Projektverantwortliche im Kärntner Landespolizeikommando, Wolfgang Gabrutsch. "Das wird eine gewaltige Herausforderung für uns." Statt der im Alltag üblichen 300 Beamten werden etwa 2500 Polizisten rund um die drei Vorrunden-Spieltage am 8., 12. und 16. Juni nach Klagenfurt abkommandiert.

Darunter befindet sich auch ein großer Teil des deutschen Kontigents. Etwa 300 der insgesamt 850 in Österreich eingesetzten WM-erfahrenen deutschen Kollegen werden am Wörthersee Dienst schieben. Sie haben nicht nur repräsentative Aufgaben und fungieren als Touristen-Unterstützer, sondern haben exekutive Befugnisse. Dafür müssen sie aber in den kommenden Wochen noch im Schnellkurs mit der österreichischen Gesetzeslage vertraut gemacht werden. Weiters kommen kroatische und polnische Uniformierte sowie so genannte szenekundige Beamte, die Hooligans von ihrer Abreise aus dem Heimatland weg intensiv beobachten und bei Bedarf bereits an den Grenzen abfangen. Eine Grenze, die auch mit Mitarbeitern der europäischen Grenzschutzagentur Frontex gesichert werden wird - denn die Schengen-Reisefreiheit ist während der EURO zu Ende.

Neuralgischer Punkt Stadion

Besonders neuralgisch im Sicherheitskonzept ist das Stadion selbst, das nur 30.000 Zuschauer aufnehmen kann. Die übrigen Fans werden sich in einer der drei Fanzonen in der engen Klagenfurter Innenstadt und im Europapark nahe dem Wörthersee massieren. Die beiden durch die 10. Oktoberstraße miteinander verbundenen Fanzonen am Messegelände und am Neuen Platz mit riesigen Public-Viewing-Videowänden sind noch relativ gut zu überwachen. Dort kommt man nämlich nur über Zugangstore hinein, an denen von privaten Sicherheitsdiensten kontrolliert wird.

Weil die erwarteten Menschenmassen diese Fanzonen aber bei weitem zu sprengen drohen, wurde kurzerhand die gesamte Innenstadt zur Fanmeile erklärt. "Hier gibt es keine Kontrollen", sagt Polizist Gabrutsch. "Aber wir werden im Hintergrund präsent sein, um bei Vorfällen rasch und flexibel handeln zu können."

Ein weiteres Sicherheitsproblem stellt die äußerst gespannte Parkplatzsituation in Klagenfurt dar. "Wir haben für die Fans 40.000 Parkplätze zur Verfügung", erläutert Fanzonen-Organisator Stefan Petschnig. "Wenn die voll sind, müssen die Fans in andere Städte ausweichen, die ebenfalls Public-Viewing anbieten." Man werde die Herausforderung aber schon schaffen, gibt sich Petschnig zuversichtlich. Auch wenn immer wieder Sicherheitslücken auffallen, wie zuletzt der ungesicherte und unbeleuchtete Fußweg von der Autobahnabfahrt Klagenfurt-West bis zum Stadion. "Wir haben uns Kaiserslautern zum Vorbild genommen. Die hatten mit 100.000 Einwohnern bei der Fußball-WM 2006 dieselben Probleme wie wir, und alles ist gut gegangen."

Von Terrorgefahr redet man weder in Klagenfurt noch in Wien besonders gern. Szenarien wurden zwar entworfen, außerdem wurde geprobt, und die heimischen Spezialeinheiten sind an den Spieltagen natürlich im Einsatz. Die Gefahr sei aber gering, beteuern die Verantwortlichen, derzeit gebe es keinerlei Hinweise auf irgendwelche Attentatspläne, wird beruhigt.

In der Bundeshauptstadt Wien macht man sich auch Gedanken über mögliche Einsätze abseits der offiziellen Fanstätten. In der Ottakringer Straße, wo sich eine Vielzahl kroatischer Lokale aneinanderreihen, sei die Polizei vor zwei Jahren während der WM etwas überrascht worden, gesteht Werner Hetzl, Stadtpolizeikommandant von Ottakring und Hernals, ein. Es kam nach dem Ausscheiden Kroatiens zu Zwischenfällen, die 20 vorhandenen Polizisten konnten zunächst wenig ausrichten. Diesmal sollen es deutlich mehr Beamte werden, darunter auch kroatische Kollegen. Vor allem will man mit den Wirten stärker kooperieren und schon im Vorfeld Besprechungen abhalten.

Insgesamt sieht der Beamte die Lage optimistisch, zumindest von Verkehrsbehinderungen geht er aber aus - "wenn 700 Gäste pro Lokal nach dem Spiel herauskommen, werden sie natürlich auf der Straße stehen."

Als heikel schätzt Hetzl den dritten Spieltag am 16. Juni ein, wenn es zwischen Polen und Kroaten möglicherweise um den Aufstieg geht. Das Match steigt übrigens in Klagenfurt. (Michael Möseneder, Elisabeth Steiner, DER STANDARD, Printausgabe, Freitag, 11. April 2008)