Beziehungen im Konzentrationslager Dachau, sowohl zwischen den Gefangenen als auch zwischen Häftlingen und Dingen, will die Ausstellung "Zeit Raum Beziehung" im Wiener Volkskundemuseum beleuchten (siehe auch Artikel). Fünfzehn Studierende am Institut für Europäische Ethnologie der Uni Wien sammelten dazu mehrere Semester lang Dokumente und Artefakte, führten Interviews mit Zeitzeugen und erarbeiteten in Kleingruppen geeignete Formen der Präsentation. Im Folgenden ein paar Eindrücke von der Ausstellung.

Foto: derStandard.at/map

Die Häftlingsbekleidung von Iwan Golowan. Der aus der Ukraine stammende Dachau-Überlebende trug die Kleidung, als er im Sommer 1998 gemeinsam mit seinem Sohn die Gedenkstätte besuchte. Nach einem Rundgang zog er die Kleidung am Ausgang des ehemaligen KZ-Geländes aus und warf sie in eine Mülltonne. Die MitarbeiterInnen der Gedenkstätte holten sie später von dort heraus, um sie im Archiv aufzubewahren.

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Titelblatt und Partitur des "TBC-Marsches", komponiert von Emil Frantisek Burian im KZ Dachau. Tuberkulose war die häufigste Infektionskrankheit im KZ, in einer eigenen, dafür vorgesehenen Abteilung im Krankenbau wurden aber auch Menschenversuche durchgeführt. Oberpfleger Walter Neff engagierte sich dort sehr für seine Mithäftlinge und bewahrte viele vor dem Tod – dafür wurde ihm der Marsch mit dem Refrain "Dass uns ein Leid nicht treff – Walter Neff!" gewidmet.

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Die Zeichnung "Auf der Pritsche in Block 23/1" von Vlasto Kopac, heimlich angefertigt im KZ Dachau im März 1944.

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Aussagen von Überlebenden, auf transparenter Folie festgehalten: "In Dachau machte eines Nachts Kommandant Schneider stockbetrunken die Runde durch die Blocks und ließ alle Männer, die schmutzige Füße hatten, zur Bestrafung melden. In einer anderen Nacht tauchte Kommandant Rödl auf und drohte, jeden zu erschießen, der sich rührte. Er versuchte, Homosexuelle zu erwischen."

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Die Originalskizze eines Verstecks für einen Radioempfänger, der von KZ-Häftling Oskar Hinkel gemeinsam mit zwei tschechischen Mitgefangenen heimlich gebaut wurde: Ein Ölkanister aus Weißblech mit einem doppelten Boden, die Bodenplatte war herausziehbar. Darüber waren rund 3 Liter Öl eingefüllt.

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Eine Ziehharmonika, die Isia Rosmarin, ein Gefangener des Außenlagers Kaufering, auf dem Todesmarsch nach Waakirchen in Reichersbeuren bei dem am Straßenrand stehenden Jugendlichen Friedrich Kunstwald gegen Brot tauschte.

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Links: Urkunde für ein gewonnenes Fußballspiel im KZ Dachau, 1944. Von offizieller Seite wurde damals für einen begrenzten Zeitraum Fußballspiele am Appellplatz organisiert, um die "Arbeitsmoral" der Gefangenen zu steigern.
Rechts: Ein Holzpokal, 1944 im KZ Dachau von Luxemburger Gefangenen gewonnen.

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Eine Essschüssel, vermutlich aus einem der Außenlager des Konzentrationslagers Dachau. Innen sind die Initialen "HX" eingeritzt, außen auch das Firmenzeichen "BMW". In den Boden der Schüssel ist ein Schachbrett eingraviert. Mehrere Schachspiele im Archiv der KZ-Gedenkstätte Dachau sowie schriftliche und mündliche Quellen belegen, dass manche Häftlinge Schach gespielt haben, um den grausamen Lageralltag zumindest für kurze Zeit vergessen zu können.

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Ein Brief von KZ-Häftling Gustav Bonak an seine Frau Anna Bonak vom 17. März 1940. Die Zensurstelle des Konzentrationslagers hat daraus einige Zeilen herausgeschnitten.

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Um in der Ausstellung symbolisch auch jenen Stimmen, Gegenständen und "Beziehungen" Raum zu geben, die nicht mehr gehört, nicht mehr archiviert und nicht mehr rekonstruiert werden können, blieb ein Drittel des Raums frei. Lediglich ein Gedicht von Horst Bienek ziert den Parkettboden: "…Ohne das Sagen gibt es nichts / wenn ich nicht das / was geschehen ist / sage erzähle oder beschreibe / ist das Geschehen / überhaupt nicht geschehen / das Sagen wird fortgesetzt / Stück für Stück / besser: Bruchstück für Bruchstück / Niemals wird es das Ganze sein / niemals also wird alles gesagt sein." (map)

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