Das staatliche Religionsamt der Türkei ("Diyanet"/"Anstalt für Religion") hat nach Angaben von Kathpress Übertritte vom Islam zu anderen Religionen offiziell für erlaubt
erklärt. Neben der göttlichen Strafe sehe der Islam keine weltliche
Strafe für den Abfall vom Glauben vor, heißt es in einer am Freitag
in der Monatszeitschrift der Behörde veröffentlichten "Fatwa", einem
islamischen Rechtsgutachten. Die "Fatwa" könnte die Lage der Christen
im Land erheblich erleichtern.
"Der Prophet (Mohammed) hat niemandem seinen Glauben aufgezwungen;
er hat gegen Andersgläubige nie Gewalt angewendet", heißt es in dem
Gutachten. Davon gebe es "keinerlei Ausnahmen, auch nicht für
Konvertiten vom Islam". Das Religionsamt tritt in der Türkei als
oberster Glaubenshüter des Islam auf.
Erinnerung an Christen-Morde
Christen, die vom Islam übergetreten sind, werden in der
türkischen Öffentlichkeit oft angefeindet oder bedroht. In den
vergangenen Jahren gab es immer wieder tätliche Angriffe auf
Christen, denen Missionstätigkeit vorgeworfen wurde. Unter anderem
wurden im vergangenen Jahr im osttürkischen Malatya drei Protestanten
brutal ermordet. Die protestantischen Kirchen in der Türkei forderten
daher seit langem eine öffentliche Erklärung des Religionsamtes, dass
Mission und Konversion nicht verboten sind.
Die "Fatwa" des Religionsamtes beschäftigt sich insbesondere mit
Vers 137 der Nisa-Sure im Koran. "Siehe, diejenigen, welche glauben
und hernach ungläubig werden, dann wieder glauben und dann noch
zunehmen an Unglauben, denen verzeiht Allah nicht, und nicht leitet
Er sie des Weges", heißt es dort. Die verbreitete Annahme, dass der
Koran eine Todesstrafe für den Abfall vom Glauben vorsehe, werde
damit klar widerlegt, so das Rechtsgutachten. Ansonsten wäre es ja
unmöglich, dass jemand zum Glauben zurückkehrt und ein zweites Mal
davon abfällt, wie in dem Vers beschrieben. (APA)