Addis Abeba - Die Äthiopier haben am Sonntag ein neues Parlament und zahlreiche Stadt- und Gemeinderäte gewählt. In der ersten Wahlrunde bewarben sich rund 4,5 Millionen Kandidaten um fast vier Millionen Sitze. Die Opposition boykottierte die Wahl mit der Begründung, ihre Kandidaten seien eingeschüchtert und nicht zur Registrierung zugelassen worden.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch erklärte, Angriffe auf Oppositionskandidaten hätten die Hoffnungen auf eine faire Wahl zerschlagen. Kandidaten und Wahlberechtigte seien vor der Abstimmung bedroht, angegriffen und festgenommen worden. Die Regierung wies die Anschuldigungen zurück.

Drohungen

Der Vorsitzende der oppositionellen Vereinigten Demokratischen Kräfte, Beyene Petros, sagte, 14.000 Kandidaten seiner Partei seien nach Drohungen gezwungen worden, ihre Bewerbungen zurückzuziehen, oder hätten sich nicht registrieren können. Eine andere Oppositionsgruppe erklärte, 3.000 ihrer Kandidaten hätten unter ähnlichen Bedingungen aufgeben müssen. 26 Millionen der 80 Millionen Einwohner waren als Wähler registriert. Der zweite Wahlgang findet am 20. April statt.

Äthiopien zählt zu den ärmsten Entwicklungsländern. 1974 hatte ein Militärputsch gegen Kaiser Haile Selassie dem jahrhundertealten Feudalsystem ein Ende bereitet. 1975 wurde eine kommunistische Diktatur errichtet. Ungelöste Nationalitätenprobleme führten 1991 zu einem mehrjährigen Bürgerkrieg, der mit der Machtübernahme der Äthiopischen Volksrevolutionären Demokratischen Front (EPRDF) endete.

Neue Verfassung

1994/95 wurde eine neue Verfassung erarbeitet, die aus Äthiopien eine parlamentarische Bundesrepublik mit weitreichender Selbstständigkeit der Regionen machte. Nach den Wahlen im Mai 2005 erklärten sich Ministerpräsident Meles Zenawi und seine Regierungspartei EPRDF erneut zum Sieger. Opposition und internationale Wahlbeobachter sprachen jedoch von massiver Manipulation.

Äthiopien ist derzeit militärisch in den Konflikt in Somalia verwickelt, wo radikale Islamisten die von Addis Abeba gestützte Übergangsregierung bekämpfen. Zudem bestehen schwere Spannungen mit Eritrea, das sich Anfang der 90-er Jahre nach dreißigjährigem Unabhängigkeitskrieg von Äthiopien gelöst hatte. 1998 brach ein Grenzkrieg mit Äthiopien aus, der in einer Patt-Situation endete. Seitdem ist eine UN-Beobachtermission in der Grenzregion stationiert,

Ende Februar hatte Bundespräsident Heinz Fischer im Rahmen einer Afrika-Reise Äthiopien besucht. (APA)