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Der lichtdurchflutete Glaskasten liegt zwischen Kapitol und Weißem Haus, bewusst so platziert, dass er den Anspruch der "vierten Gewalt" betont, ein Eckpfeiler der Demokratie zu sein.

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Das Atrium des "Newseum" vom 6. Stock aus.

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"Be a TV-Reporter" im "Newseum"

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"Einer deiner Sportreporter will über Basketball schreiben. Sein Bruder spielt in der besten Mannschaft der Stadt. Darf er berichten?" Die Frage geht an den Chefredakteur. "Im Prinzip ja, aber ..." wäre falsch. Richtig ist, die Bitte des Reporters abzulehnen, denn sonst droht ein Interessenkonflikt.

Werbetrommel rühren

Klick für Klick kämpft sich die Mädchenschulklasse, die sich um die grell leuchtende Tischplatte drängt, durch den journalistischen Ethiktest. Vielleicht liegt es an dieser Prüfung der Instinkte, dass sich das Newseum als "interaktivstes" Museum der Welt feiert. Vielleicht liegt es auch an der Kameraecke, in der Mutige ausprobieren können, ob sie sich eignen, die 19-Uhr-Nachrichten zu sprechen. Jedenfalls ist das Museum alles andere als kleinlaut, wenn es gilt, die Werbetrommel zu rühren. Allein die Lage! Der lichtdurchflutete Glaskasten liegt zwischen Kapitol und Weißem Haus, bewusst so platziert, dass er den Anspruch der "vierten Gewalt" betont, ein Eckpfeiler der Demokratie zu sein.

An seiner Fassade prangt der erste Verfassungszusatz: Kein Gesetz dürfe die Freiheit der Rede oder der Presse einschränken. Vor acht Jahren erwarb die Stiftung Freedom Forum das Grundstück an der Pennsylvania Avenue für hundert Millionen Dollar von der Stadtverwaltung. Treibende Kraft war Al Neuharth, der 1982 USA Today gegründet hatte. Den Bau bezahlt haben große Medienhäuser, von der New York Times über Bloomberg und Rupert Murdochs News Corporation bis hin zu Time Warner. Im siebten Stockwerk ist alles Zeitung. Hinter Glas schreien die spektakulärsten Schlagzeilen der amerikanischen Pressegeschichte. Der Rest der Welt wird weitgehend ausgeblendet. "Kennedy erschossen", "Mann auf dem Mond", "Dewey schlägt Truman". Letztere gehört zu den peinlichen Ausrutschern von Journalisten, die zu früh zu viel vermelden wollen. Kaum war die Chicago Daily Tribune erschienen, wendete sich beim Auszählen das Blatt der Präsidentenwahl 1948. Harry Truman schlug Thomas Dewey.

Blamables verschweigen

Die blamablen Momente der vierten Gewalt werden nur am Rande registriert. Etwa auf den Toiletten, wo eng beschriebene Kacheln an verkorkste Überschriften erinnern ("Erste weibliche Marines trainieren für Kampf mit Männern"). Der selbstkritische, ja selbstironische Blick ist nicht die Stärke des Newseums. Lieber feiert es Helden. "Ich suche keine Distanz zu der Sichtweise, dass die Akteure einer freien Presse etwas Heroisches an sich haben", sagt Charles Overby, Direktor des Freedom Forum. Time-Fotografen spendierten den Pick-up, in dem sie durchs kriegsverwüstete Bosnien fuhren. Das weiße Blech ist mit Einschlägen bedeckt, die Frontscheibe zerborsten. Der Chevrolet trug den Kosenamen "Metallmagnet", weil er Kugeln anzuziehen schien, aber alles überlebte. 1843 Namen und Porträts erinnern an getötete Journalisten.

Als Ersten verzeichnet es Elijah Parish Lovejoy, einen Gegner der Sklaverei. Er wurde 1837 von einem Mob erschossen, als er versuchte, die Druckerpressen seiner Zeitung zu schützen. Die letzten Namen sind zumeist arabische: einheimische Reporter, die im Irak ermordet wurden. (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD; Printausgabe, 15.4.2008)