Diese Regierung wird die kenianischen Steuerzahler teuer kommen: 40 Minister und 53 Vizeminister wurden nicht wegen einer Überfülle von Agenden oder ihrer zahlreichen Expertisen ins Amt berufen, es ging um eine Machtbalance. Jede Interessengruppe und Ethnie forderte Posten ein. Damit ist zwar wenige Monate nach den gewaltsamen Unruhen der kalte Friede institutionalisiert. Dass die Regierung regieren wird, ist aber unwahrscheinlich. Mit Streit ist jedenfalls zu rechnen, wenn es um eine neue Verfassung geht.

Denn die war ja der Grund für das Zerwürfnis zwischen Präsident Mwai Kibaki und dem neuen Premier Raila Odinga im Jahr 2005. Kibaki wollte damals verhindern, dass die Vollmachten des Präsidenten eingeschränkt werden und der Premier Regierungschef wird. Und er war damit erfolgreich. Kenia ist nach wie vor ein zentraler Staat mit präsidialer Dominanz. Selbst der Parteienpluralismus, der erst 1991 eingeführt wurde, wirkt nur bedingt demokratiefördernd. Denn nach der Abschaffung des Einparteiensystems wurde Ethnizität zum wichtigsten Kriterium für die Zugehörigkeit zu einer Partei. Die Tendenz zur Regionalisierung und Tribalisierung nahm zu. Politikern geht es in erster Linie um den Zugang zu staatlichen Ressourcen und das Verteidigen von Pfründen. Die Liste der reichsten Kenianer ist fast identisch mit jener der mächtigsten Politiker.

Auch echte Hoffnungsträger sind in der neuen Regierung nicht auszumachen. Kibaki hat sich in der Vergangenheit als Mann ohne Handschlagqualität gezeigt, der eindeutig eine Volksgruppe bevorzugte. Odinga aber war schnell bereit, die Seiten zu wechseln, wenn er die Chance auf mehr Macht witterte. Kenia hat nach dem Ende der autokratischen Ära Anfang der 1990er keinen umfassenden Elitenwechsel erlebt. In dem neuen Kabinett sitzt nun sogar der Sohn des ersten Präsidenten Jomo Kenyatta, Uhuru Kenyatta. (DER STANDARD, Printausgabe, 15.4.2008)