Wien - Die internationale Presse kommentiert den Sieg von Silvio Berlusconi bei den Parlamentswahlen in Italien:

"La Repubblica" (Rom):

"Dies ist ein deutlicher und unbestreitbarer Sieg für Silvio Berlusconi. Die Wähler sind in Massen (...) nach rechts gerückt. Die politische Geschichte unseres Landes vollzieht sich in einer perfekten Kreisbewegung (...) mit einer immer neuen Wiedergeburt Berlusconis. (...) Aber was wird jetzt geschehen? Berlusconi hat eine mehr als solide Mehrheit. Die Zahlen, die er zur Verfügung hat, sollten ihm die Möglichkeit geben, eine ganze Legislaturperiode lang zu regieren. Aber die Frage ist, ob es auch tatsächlich eine gesetzgebende Legislaturperiode sein wird, die das Land so dringend braucht. Die ersten Reaktionen Berlusconis scheinen versöhnlich. Er spricht von gemeinsamen Reformen (...). Er sagt, er werde ein anderer Ministerpräsident sein als nach seiner Wahl 2001. Er sagt, er möchte als Staatsmann in die Geschichte eingehen. (...) Wir zählen auf seine Ehrlichkeit. Und auch für ihn wäre es besser, falls er wirklich irgendwann Staatspräsident werden will."

"La Stampa" (Turin):

"Auf dem Markt der Politik gab es erstmals für die Bürger ein neues Angebot. Und die Italiener sind zu den Urnen gegangen und haben es gekauft. Mal abgesehen davon, wer gewonnen und wer verloren hat, ist dies das wichtigste Ergebnis, das die Wahlen am 13. und 14. April für das Ansehen unserer Demokratie gebracht haben. (...) Auf symbolischer Ebene kann man noch hinzufügen, dass jetzt auch das 20. Jahrhundert der italienischen Politik beendet scheint: Verschwunden sind die Namen (...), die das vergangene Jahrhundert geprägt, aber auch auf oft blutige Weise entzweit haben: Kommunisten und Faschisten, Sozialisten und Liberale. (...) Jetzt ist es das Parlament, das diese neue politische Realität in ein Gesetz umwandeln muss (...)."

"Tages-Anzeiger" (Zürich):

"Man kann sich lustig machen über Italien und sich wundern, dass die Mehrheit seiner Bürger ausgerechnet den 71-jährigen Polit-Zampano Silvio Berlusconi wieder zum Premierminister gewählt hat. Den Mann, der in seiner letzten Amtszeit von 2001 bis 2006 hinlänglich bewiesen hat, dass er nicht in der Lage ist, das Land aus der tiefen Krise zu führen, in der es sich seit Jahren befindet. (...) Das Land wird nun noch mehr Polemik und Politik der Sonderinteressen erleben. 'Si può fare', hatte sein Kontrahent Walter Veltroni versprochen: Eine andere Politik, eine sachliche, lösungsorientierte sei 'machbar'. Italien bleibt die Hoffnung, dass dies nach Berlusconi möglich sein wird."

"Libération" (Paris):

"Der neue Berlusconi ähnelt einem schlechten Lifting. Seine Äußerungen sind etwas glatter, doch seine Methoden sind die gleichen. Berlusconi ist Demagoge durch und durch, gerade soviel Populist wie nötig - und er hat die alten Rezepte wieder hervorgeholt, vor allem das der Steuersenkungen. Sein Sieg ist vor allem das Symptom eines Landes, das nicht in guter Verfassung ist. (...) Der unersättliche Berlusconi hat es verstanden, auf der Welle der Unzufriedenheit zu surfen. Wie schon so oft hat er sich als der Retter dargestellt, auf den Italien zählen kann."

"Dnevnik" (Laibach/Ljubljana):

"Wird Berlusconi tatsächlich eine überwiegende Mehrheit in beiden Parlamentskammer erreichen, wie es Montagabend nach Auszählung von zwei Drittel der Stimmen für Senat aussah, dann wird das politische Szenario in Italien in den nächsten fünf Jahren etwas anders sein. Keiner der politischen Beobachter zweifelt daran, dass es in Italien ähnlich wie zwischen den Jahren 2001 und 2006 zugehen wird, als Berlusconis Koalition im Senat und in der Abgeordnetenkammer eine starke Mehrheit hatte, das Land aber wirtschaftlich und gesellschaftlich in die Knie ging. Die größte Zusicherung für einen solchen, nicht sehr optimistischen Verlauf ist die Tatsache, dass der 71-jährige Medienmogul auch bei dieser Wahl mit einem sehr ähnlichen Team und Programm wie vor sieben Jahren auftraft und dass er diesmal von Bossis Separatisten, die nach dem gestrigen Erfolg immer anspruchsvoller sind, noch mehr am Gängelband geführt wird." (APA/dpa)