Frankfurt - Im Prozess Tausender Kleinanleger gegen die Deutsche Telekom hat der frühere Aufsichtsratschef (AR-Chef) Hans-Dietrich Winkhaus die Darstellung des Unternehmens in einem wichtigen Punkt gestützt. Die Entscheidung über die milliardenschwere Übernahme des US-Unternehmens Voicestream sei erst nach dem dritten Börsengang im Juni 2000 gefallen, sagte Winkhaus am Dienstag als Zeuge vor dem Frankfurter Oberlandesgericht.

Das Gericht muss auf die Klage von 17.000 Aktionären hin klären, ob ihnen die Telekom wegen falscher Angaben im Börsenprospekt Schadenersatz zahlen muss. Die Kläger wollen für den dramatischen Wertverlust ihrer Papiere Schadenersatz und argumentieren, dass sie nicht hinreichend über das riskante Geschäft in den USA informiert gewesen seien. Am Montag hatte der damalige Vorstandsvorsitzende Ron Sommer die Vorwürfe zurückgewiesen. Die Übernahme sei erst im Juli eingefädelt und beschlossen worden.

Winkhaus bestätigte am Dienstag, dass der Vorstand ihn Mitte Juli darüber informiert habe, dass es mit der Kaufabsicht ernst werde. Allerdings sagte er auch, dass er sich nicht daran erinnern könne, dass die Telekom - wie im Fall Voicestream kurz vor dem Börsengang geschehen - für andere potenzielle Übernahmekandidaten ein unverbindliches Kaufangebot abgegeben sowie eine vorläufige Prüfung und Bewertung des Unternehmens (Due Diligence) in Auftrag gegeben habe.

Unverbindliches Angebot

Ein unverbindliches Angebot sei "ein großer Schritt", räumte Winkhaus ein. Auch eine Due Diligence sei wichtig und unverzichtbar für die Abgabe eines verbindlichen Angebots. Allerdings werde so etwas heutzutage schon sehr frühzeitig gemacht. Die Telekom habe sich im Sommer 2000 bei Voicestream in einer "Quasi-Auktion-Situation" befunden, da es andere Bewerber gegeben habe.

Bei einer Aufsichtsratssitzung am 30. Juni 2000, also elf Tage nach dem Börsengang, sei noch über mehrere mögliche Akquisitionen in den USA gesprochen worden. Am 19. Juli habe das Kontrollgremium konkret über den Erwerb von Voicestream beraten, doch habe noch Verhandlungsbedarf bestanden. Die Entscheidung sei am 23. Juli gefallen.

Winkhaus betonte, der Aufsichtsrat habe sich die Entscheidung angesichts des hohen Preises von damals 40 Mrd. Euro nicht leicht gemacht.

Der Komplex Voicestream ist für die Kläger besonders wichtig, da das Oberlandesgericht im zweiten wichtigen Punkt bereits hat erkennen lassen, dass es nicht ihre Meinung teil. Dabei geht es um die Frage, ob die Immobilien im Börsenprospekt überbewertet wurden. (APA)